Guildo Horn: "Bei Klamotten bin ich wie eine Frau"
Interview: Guildo Horn spricht über vernünftige Pläne, unnütze Schulthemen, und schöne Überraschungen.
Herr Horn, als Sänger toben Sie wie die wilde Wutz über die Bühne. Dabei gehören ausgerechnet Vernunft und Planung zu Ihren Lebensthemen. Ich zähle mal auf. Bei ihnen zuhause in Trier hieß es: "Viel planen bringt eh nix." Ihre Diplomarbeit trägt den Titel "Befreiung von der Vernunft". In Ihrem Buch "Doppel-Ich" loben Sie häufig, wie spontan und authentisch geistig Behinderte sind. Haben Sie etwas gegen Vernunft?
Horn: Überhaupt nicht. Ich bin froh, dass ich in einer Welt lebe, die vernünftig handelt. Wenn ich über die Autobahn fahre, möchte ich keinesfalls die Vernunft abstellen. Die vernünftige Welt hat uns auch den kategorischen Imperativ beschert, der nur mittlerweile leider pervertiert ist.
Horn: Ich halte es zum Beispiel für vernünftig, mir ab und zu eine Auszeit zu gönnen. Nicht vernünftig finde ich, was mit unseren Kindern passiert. Die gehen mit solch einem Druck in die Schule, die haben richtig Existenzangst. Ich verstehe auch nicht, warum man so lebensunwichtige Sachen in der Schule beigebracht bekommt. Binomische Formeln nützen mir nichts, ich will meine Steuererklärung richtig ausfüllen und wissen, wie man einen Kredit bekommt.
Horn: Ich plane schon mehr als früher. Plötzlich ist es mir wichtig, pünktlich am Flughafen zu sein. Früher habe ich eine Stunde vorher gerade mal angefangen, meine Sachen zu packen. Auch bei meinen Auftritten bin ich sehr diszipliniert. Da ist nix mit Sex and Drugs and Rock’n’Roll.
Horn: Ich glaube, man kann viel planen und erlebt trotzdem viele Überraschungen. Wenn man zum Beispiel den FC Bayern München trainieren soll und lauter Buddha-Figuren aufstellt. Unsere Welt ist superüberplant. Aber das, was uns alles noch bevorsteht, liegt außerhalb unseres Vorstellungsvermögens. Man sieht doch schon, wie uns das Finanzsystem um die Ohren fliegt. Und die Natur hat sicher auch noch was in petto.
Horn: Natürlich finde ich es spannend, wenn ich nicht schon vorher alles weiß. So jemand wie Madonna langweilt mich. Da sehe ich einen perfekten Körper zu einem perfekten Playback, da kann nichts mehr schief gehen. Ich brauche unperfekte Menschen, die unperfekte Musik machen.
Horn: Ich würde gern etwas mit Senioren machen: Warum nicht mit alten Frauen Seniorentanz üben? Wir leben in einer alternden Gesellschaft, die sich trotzdem im Jugendwahn befindet - da kann man doch mal drüber reden. Vor allem mit Omas und Opas, die längst nicht mehr so sind wie vor 20 Jahren.
Horn: Als ich über die 40 geschritten bin, habe ich mir einen Gedanken gemacht. Aber nur einen, und der war schnell weg.
Horn: Die Klamotten finde ich auf dem Trödel, manches habe ich in China schneidern lassen, Leute schenken mir auch was. Was den Kleiderschrank und die Klamotten angeht, bin ich eigentlich eine Frau. Alles andere an mir ist natürlich ein Mann. Denn ich habe die Fähigkeit, da zu 0sitzen und nichts zu denken. Das können Frauen nicht.