Hickhack um Bauaufsicht

Die Stadt war nach eigenem Bekunden nicht über zusätzliche Brunnen informiert.

Köln. Ein Blick in die Brunnenbücher brachte es an den Tag: In der Kölner U-Bahn-Baugrube am Waidmarkt sind vor dem Einsturz bis zu 210 Liter Wasser pro Sekunde gefördert worden. Erlaubt waren jedoch maximal 125. Und: Statt vier Brunnen gab es sogar 15. Von den Baufirmen geführt, wurden die Bücher vom Umweltamt erst nach der Katastrophe am Waidmarkt erstmals geprüft - wegen Gerüchten über Probleme beim Abpumpen des Grundwassers.

"Die Werte lagen tendenziell über dem Erlaubten. Der genannte Maximalwert stammt vom 21.Februar", erklärte gestern Kölns Umweltdezernentin Marlies Bredehorst. "Weder für die zusätzlichen Brunnen, noch für die höhere Fördermenge gab es eine Genehmigung." Und: "Die Baufirma ist ihrer Anzeigenpflicht nicht nachgekommen."

Bislang liegen der Stadt nur die Bücher für die unterirdischen Bauwerke "Waidmarkt" und "Heumarkt" vor. Am Heumarkt seien 18 statt zwölf Brunnen gebohrt worden. Dort seien aber andere Brunnen durch hohen Eisenanteil verstopft gewesen. Daher sei dort nicht mehr Wasser als erlaubt gefördert worden.

KVB-Technikvorstand Walter Reinarz will von der illegalen Wasserförderung erst nach dem Unglück durch die Dezernentin erfahren haben. "Dem Vorstand war durch eine Mehrkostenanzeige lediglich bekannt, dass mehr Brunnen gebaut werden sollten. Das muss aber nicht unbedingt eine höhere Wasserförderung bedeuten, und die Anzeigepflicht auch für die zusätzlichen Brunnen oblag der Baufirma, nicht den KVB."

Das städtische Amt begnügte sich derweil mit Routine-Meldungen der Baufirma über die Qualität des in den Rhein abgeleiteten Wassers. Am 12. März hat das Umweltamt die Brunnenbücher erhalten und umgehend der Staatsanwaltschaft übergeben. Das Bekanntwerden erhöhter Förderwerte hätte unmittelbar zu einem Baustopp, mindestens aber zu einer Prüfung führen müssen, erläuterte Bredehorst.

Die Bauaufsicht aber lag laut Baudezernent Bernd Streitberger ursprünglich bei der Bezirksregierung Düsseldorf. Diese habe sie an die Stadt Köln delegiert, welche sie dann der KVB weiter übertragen habe. Streitberger: "Ich gehe davon aus, dass die KVB sie an die Baufirma weitergegeben hat."

Inzwischen kursieren widersprüchliche Darstellungen vonBauarbeitern, wie sie das Unglück in der Grube erlebten. Während es bislang hieß, das Wasser sei an der Wand von unten aufgestiegen, lassen neue Berichte die Möglichkeit offen, dass es einen Schaden an der einen Meter dicken stahlarmierten Betonwand im Boden vor dem Historischen Archiv gegeben haben könnte.