Höhenrausch - Giganten am Golf: Eine Meile in die Höhe
Dubai/Dschidda. In der arabischen Golfregion wachsen die verrücktesten Bauprojekte der Welt in den Himmel. Neueste Vision: ein 1,6 Kilometer hoher Wolkenkratzer. Die Statik des Kolosses soll das weltweit agierende Ingenieurbüro Arup berechnen. Für Torsten Wilde-Schröter, Tragwerksplaner in der Düsseldorfer Niederlassung, kein Problem: "Theoretisch könnte man eine Stahl-Beton-Struktur bis zu vier Kilometer hoch bauen."
Dubai/Dschidda. Er wächst. Etwa alle drei Tage um eine Etage. Obwohl noch im Bau, ist er das höchste Gebäude der Erde: der 637 Meter hohe Burj Dubai. Wenn der "Turm von Dubai" im Jahr 2009 fertiggestellt ist, soll er mit seinen 205 Etagen gut 800Meter hoch über den Persischen Golf ragen.
Ein Gigant - oder doch nur ein Streichholz? Wenn es nach Prinz Al-Walid bin Talal geht, wird im saudi-arabischen Dschidda demnächst ein doppelt so hohes Gebäude entstehen: ein Super-Wolkenkratzer von 1,6 Kilometern Höhe.
Wie der Nahost-Wirtschaftsfachdienst "Meed" berichtet, soll der Kolossalbau im Auftrag der Kingdom Holding Company (KHC) als Teil eines umfangreichen Stadtentwicklungsprojekts an der Küste des Roten Meeres gebaut werden. Acht Milliarden Euro Investitionskosten veranschlagt KHC.
Als Bauunternehmer hat Prinz Al-Walid bereits den US-Konzern Bechtel an Land gezogen. Die Firma kennt sich mit baulichen Großtaten aus: Unter anderem hat sie den Kanaltunnel zwischen Frankreich und England und den Hoover-Staudamm realisiert.
Nun also ein Wolkenkratzer von einer englischen Meile, also 1609 Metern Höhe. Ist so ein Gigant überhaupt baubar? "Klar", sagt Torsten Wilde-Schröter, Tragwerksplaner in der Düsseldorfer Niederlassung des weltweit agierenden Ingenieurbüros Arup. Nach Angaben britischer Zeitungen soll Arup die Statik des Kolosses berechnen.
Wie der Super-Wolkenkratzer genau aussehen wird, kann derzeit niemand sagen. Die britische "Daily Mail" will herausgefunden haben, dass der 1,6 Kilometer hohe Hauptturm von zwei kleineren flankiert werden soll - beide höher als der Kölner Dom - und mit dem Hauptgebäude durch feste Laufbrücken verbunden.
"Theoretisch könnte man eine Stahl-Beton-Struktur bis zu vier Kilometer hoch bauen", sagt der Experte. "Es ist nur die Frage, ob sich das lohnt." Denn die Herausforderungen sind gewaltig:
Der Turm muss die starken Winde der arabischen Küstenregion aushalten. Er muss erdbebensicher sein. Einen Flugzeugeinschlag verkraften. Ein Brandschutz- und Aufzugssystem haben, dass auch für über 300 Stockwerke funktioniert. Und vor allem: Er darf nicht schwanken.
"Wenn man das Gebäude nicht genug stabilisiert, schwanken die oberen Etagen wie ein Schiff auf hoher See", sagt Wilde-Schröter. "Da kann dann kein Mensch arbeiten."
Dem Vernehmen nach soll der Meilen-Turm deswegen mit einem gigantischen, computergesteuerten Dämpfersystem ausgerüstet werden. Unmöglich? Nicht am Golf, nicht für einen Finanzier, dessen Privatvermögen laut der US-Zeitschrift "Forbes" allein schon bei 20 Milliarden Dollar liegt.
Seit Jahren bereits produziert die arabische Golfregion eine Schlagzeile nach der anderen: Super-Wolkenkratzer, künstliche Luxus-Inseln für Superreiche, eine Indoor-Eisbahn in der Wüste. Dubai, Abu Dhabi und Co. sind derzeit die Länder der unbegrenzten baulichen Möglichkeiten. Der Grund dafür?
"Marketing", sagt Achim Bassa, Essener Architekt, der für das Büro KZA zwei Jahre lang in der Golfregion gearbeitet hat. Die baulichen Aktivitäten seien einerseits Zeichen eines neuen Selbstbewusstseins, andererseits Aushängerschilder der Region, die sich als Tourismusziel und Handelsplatz profilieren wolle.
Tatsächlich stecken die Golfstaaten mitten in einem tief greifenden Strukturwandel: weg vom Öl, das in wenigen Jahrzehnten nicht mehr sprudeln wird. Dubai etwa steht schon heute mehr für Super-Luxustourismus, Handel und Finanzen. Saudi-Arabien will nun nachziehen, schreibt eine aktuelle Studie der Bundesagentur für Außenwirtschaft:
"Gewollt ist der Sprung in ein neues ökonomisches Zeitalter." Was könnte diesen Aufbruch besser symbolisieren als ein meilenhoher Koloss aus Stahl und Beton?