Interview: „Kritik statt Effekthascherei“
Heute steigt das Finale der ZDF-Sendung „Musical Showstar“. Jurymitglied Uwe Kröger zieht Bilanz.
Herr Kröger, die Quoten für die Show sind weiter im Sturzflug. Woran liegt das?
Kröger: Natürlich sind Quoten wichtig. Aber immerhin sind es 3,5 Millionen, denen wir zeigen konnten, dass es - anders als immer behauptet - im deutschsprachigen Raum Talente für das Musical gibt. Dass wir vielleicht nicht die höchsten Quoten haben, liegt auch an der Schwemme verschiedener Showformate. Ich bin selbst ein medienaffiner Mensch, schaue aber kaum noch Fernsehen. Trotzdem: wir haben etwas für das Musical bewirkt.
Ist die Jury zu brav? Fehlt ein Dieter Bohlen?
Kröger: Diese Beurteilung kommt von Menschen, die keine Ahnung von Theater und Musical haben. Da ist konstruktive Kritik wichtiger als bloße Effekthascherei.
Wie fällt ihre Bilanz aus? Bereuen Sie es, mitgemacht zu haben?
Kröger: Absolut nicht. Es hat viel Spaß gemacht und gezeigt, wie die Augen nach 22 Jahren auf der Bühne geschult wurden. Besonders die lokalen Vorentscheide waren sehr interessant. Für mein Spiel hat es noch mehr Ehrfurcht, aber auch Freude gebracht.
Hätten sie selbst den Mut gehabt, sich bei einer Castingshow zu präsentieren?
Kröger: Für mich ist diese Form der Talentsuche genial. Natürlich wird zur Zeit so ziemlich alles gecastet. Aber ich bin froh, dass es trotzdem ein Forum gibt, das tiefer geht und der komplexen Leistung eines Musical-Darstellers entspricht. Wenn es das in den 80er Jahren gegeben hätte, wäre ich sofort hingegangen. Damals an der Hochschule in Berlin waren es 600 Bewerber und ich hatte das Glück, als einer von sechs aufgenommen zu werden.
Sie waren selbst der erste deutsche Rusty bei "Starlight Express" - die Rolle, die jetzt der Gewinner bekommt. Hat das ihre Jury-Arbeit beeinflusst?
Kröger: Ich kenne dieses Musical sicher am besten und habe dieses Wissen auch bei den Juryentscheidungen eingebracht. Einige potenzielle Rustys habe ich schon im Auge, was die weibliche Hauptrolle der Pearl angeht bin ich mir noch nicht ganz sicher.
Wie stehen die Chancen, dass die beiden Gewinner mehr als Eintagsfliegen werden, wie das bei den Superstars oft der Fall ist?
Kröger: Bei den Superstars geht es vor allem um die mediale Präsenz und den CD-Verkauf. Beim Musical ist es dagegen nicht möglich, über Nacht zum Star zu werden. Da muss man zuerst das Handwerk lernen, was bei unseren Kandidaten der Fall ist. Nur wer die Technik beherrscht, kann auf der Bühne sein Charisma zeigen. Talent alleine reicht nicht. Deshalb bin ich sicher, dass die beiden Gewinner, auch wenn die Medien nicht mehr auf sie schauen, ihren Beruf ausüben können.