„Ich wollte immer nur ein kleiner Junge sein, ich hatte keine Jugend“

Der steile Aufstieg und tiefe Fall eines skurrilen Ausnahmetalents, das drei Jahrzehnte Popgeschichte prägte.

Los Angeles. Mit dem Tod von Michael Jackson ist eine einzigartige Ära in der Popgeschichte zu Ende gegangen. Mit Dutzenden von Megahits, Hunderten von Millionen verkaufter Platten, ausverkauften Konzerten rund um den Globus und einem unverwechselbaren Tanzstil, den sogar Fred Astaire "einfach genial" nannte, war der 50-Jährige der Inbegriff eines Weltstars. Trotzdem sind die Meinungen gespalten. Schließlich war "Jacko" nicht nur für seine künstlerischen Leistungen bekannt, sondern auch wegen großer Skandale.

Mit dreister Unverfrorenheit hatte er sich einst selbst zum "King of Pop" gekürt. Doch streitig machen wollte ihm den Titel keiner. Denn niemand konnte es. Schon als Sechsjähriger stand der hochbegabte Junge mit seinen älteren Brüdern auf der Bühne. Der Erfolg der"Jackson 5" erwies sich als Sprungbrett für die kometenhafte Karriere des jüngsten Jackson, den Experten als Jahrhunderttalent feierten.

Das erste Soloalbum brachte Michael 1972 mit nur 13 Jahren auf den Markt. Der Mega-Durchbruch kam zehn Jahre später mit dem Album "Thriller". In den darauffolgenden Jahren waren Konzerte in aller Welt binnen weniger Stunden ausverkauft.

Doch der Megaerfolg hatte einen hohen Preis. Seine Ehe mit Lisa Marie Presley ging nach nicht einmal eineinhalb Jahren in die Brüche. Auch Michaels zweite Ehe mit der Krankenschwester Debbie Rowe scheiterte. Sein Verhalten wurde immer unberechenbarer. Ärzte glaubten, dass seine Abhängigkeit von Schmerzmitteln und anderen Medikamenten zu skurrilen Auftritten führte, wie jenem in Berlin, wo der Popstar seinen Sohn Prince Michael II. über die Brüstung eines Hotelzimmerbalkons hielt.

Auf seiner "Neverland Ranch" soll "Whacko Jacko" (verrückter Jackson), wie ihn die Boulevard-Medien getauft hatten, Kinder mit Alkohol versorgt und sexuell missbraucht haben, so lautete der Vorwurf. Das erste Verfahren konnte der Superstar mit einer Vergleichszahlung von zehn Millionen Dollar abwenden. Der zweite Prozess endete 2005 mit einem Freispruch.

Ebenso steil wie Jackson die Hitparaden und die Herzen seiner Fans erobert hatte, so stürzte er ab. Das Vermögen war als Folge von Anwaltskosten und Vergleichszahlungen sowie schätzungsweise 50 kosmetischen Operationen verschwunden. Mit der Karriere verfiel auch sein Gesundheitszustand.

Für jene Achterbahnfahrt, die sein Leben kennzeichnete, hatte Jacko in einem Interview selbst eine Erklärung parat. "Ich wollte immer nur ein kleiner Junge sein, ich hatte keine Jugend. Diesen Verlust kann ich mit Geld und Erfolg nie ausgleichen", erklärte der gefallene Superstar, der als Kleinkind von seinem Vater Joe über Jahre geschlagen, getreten und gedemütigt worden sein soll.

Jetzt trauert die Welt um Michael Jackson, einen Mann, den niemand verstand, aber den viele für sein Genie bewunderten. Eine Chance wollte er noch einmal haben vor einem Weltpublikum, und zwar mit einer Konzertserie, die in gut zwei Wochen in London beginnen sollte. Die insgesamt 750 000 Karten waren innerhalb von vier Stunden ausverkauft. Doch diese Chance bekommt Michael Jackson nun nicht mehr.