Düsseldorf. Die Wandlungsfähigkeit der australischen Film- und Theaterschauspielerin Cate Blanchett ist beinahe schon legendär. Die 37-Jährige schlüpft mühelos in die Rollen historischer Persönlichkeiten wie Katherine Hepburn ("Aviator") oder Elizabeth I. ("Elizabeth"), verleiht mit ihrer ätherischen Schönheit selbst der Elbenkönigin Galadriel in "Der Herr der Ringe" Wahrhaftigkeit. In "The Good German" spielt Blanchett eine mysteriöse Frau im Berlin der Nachkriegszeit. Mrs. Blanchett, inwiefern ist die Geschichte "The Good German" heute noch relevant?Blanchett: Der Film zeigt, was nach einem Krieg geschieht. Wir sind gegenwärtig in einen Krieg verwickelt, dessen Ende nicht absehbar ist. Es hat den Anschein, dass hinter diesem Krieg nicht die Absicht steht, etwas zu verändern, sondern dass nur politische und persönliche Zwecke verfolgt werden. Jeder Film, der sich mit der Frage beschäftigt, wie sich das Verhältnis zwischen den verschiedenen Parteien am Ende eines Kriegs gestaltet, ist gerade heute von großer Bedeutung.
"Erfolg, wie immer man ihn misst, bringt die wahre Persönlichkeit zum Vorschein."
Fiel es Ihnen schwer, laut und überzeichnend spielen zu müssen?Blanchett: Diese Rolle fühlte sich eher wie eine Theateraufführung an, was sie von allen Filmrollen unterscheidet, die ich bislang gespielt habe. Ich erzeuge die Emotionen hier auf sehr melodramatische Weise. Wenn Sie sich Ingrid Bergman anschauen, die Garbo oder Hildegard Knef, werden der Hintergrund ihrer Figuren und ihre Gedanken mit einer ganz anderen Energie vermittelt als es heute der Fall wäre. Am Set musste ich meinen bisherigen Erfahrungen entgegenarbeiten, das war seltsam, aber auch faszinierend.
Mögen Sie die typischen Frauenfiguren des Film Noir?Blanchett: Ich finde diese trügerische Natur der Film-Noir-Heldin sehr aufregend. Wie verschlagen sie sind, wie sie sich dem Griff der Männer entziehen! Das zu spielen ist sehr spannend.
Haben Sie Recherchen über das Leben der Frauen in dieser Periode angestellt?Blanchett: Oh ja. Seit meiner Schulzeit beschäftige ich mich mit diesen Themen und ich habe schon an verschiedenen Theaterinszenierungen und Filmen mitgewirkt, die sich mit dieser Periode auseinandersetzten. Ich wusste allerdings wenig über die Erfahrungen der deutschen Zivilbevölkerung. Ich habe das großartige Tagebuch einer Berliner Frau entdeckt, in dem sie niedergeschrieben hat, was sie in der Zeit des Falls Berlins und des Einmarsches der Russen erlebte. Für die Rolle der Lena waren diese Aufzeichnungen von unschätzbarem Wert.
Ist Ihre Figur Lena ein Opfer oder hat sie Schuld auf sich geladen?Blanchett: Wir alle sind Opfer der Umstände. Wie viele Privatpersonen provozieren denn schon einen Krieg? Kriege werden aus politischen Gründen geführt und die Menschen finden sich plötzlich in deren Mitte wieder. Sie müssen sich auf die Umstände einstellen, um zu überleben. Lena tut nachvollziehbare Dinge, auch wenn wir alle hoffen, niemals in eine ähnliche Situation zu geraten. In diesem Film tut jeder Dinge, zu denen man sich unter normalen Umständen nicht hinreißen lassen würde.
Haben Sie sich vorgestellt, wie weit Sie gehen würden, um zu überleben?Blanchett: Natürlich stellt man derartige Hypothesen auf. In unserer Fantasie sind wir alle diejenigen, die sich auf die Seite der Widerstandskämpfer schlagen und in den Untergrund gehen. Man hofft, dass das der Fall wäre. Aber man weiß es nie, bevor man in diese Situation gerät.
Die zurückliegenden zehn Jahre müssen für Sie sehr aufregend gewesen sein.Blanchett: Es war sehr interessant, im vorigen Jahr zurückzugehen und noch einmal Elizabeth I. zu spielen, acht Jahre nach dem ersten Film. Es hat mich innehalten lassen. Eigentlich befinde ich mich ja mittendrin in einem fließenden Prozess, ich nehme mir nicht die Zeit, meine Situation zu analysieren. Man existiert einfach.
Ist es schwierig, bei all dem Erfolg man selbst zu bleiben?Blanchett: Ich hoffe doch sehr, dass ich mich verändere. Als Künstler wünscht man sich stetige Veränderung. Ich hoffe, dass ich mich als Schauspielerin bewiesen habe uns dass ich ein besserer Mensch geworden bin. Ich bin davon überzeugt, dass mich die Beziehung zu meinem Ehemann besser gemacht hat. Kinder zu bekommen, verändert dich völlig. Und es ist wichtig, sich weiterzuentwickeln.
Tobey Maguire sagt im Film, dass einem Geld erlaubt, der zu sein, der man wirklich ist. Können Sie das bestätigen?Blanchett: Es geht mehr um den Erfolg, und den messe ich nicht zwangsläufig in Dollars. Es ist toll, Geld zu haben, es verleiht dir große Freiheit. Es geht darum, was man mit dieser Freiheit anfängt. Verwandelt man sich in ein Arschloch oder nutzt man seine Position, um eine gute Arbeit abzuliefern? Ja, Erfolg, wie immer man ihn misst, bringt deine wahre Persönlichkeit zum Vorschein.
Die Rollen der Cate Blanchett Karriere Der Durchbruch gelang Cate Blanchett 1998 mit ihrer Darstellung von Königin Elisabeth I., für die sie einen Golden Globe und die erste Oscar-Nominierung erhielt. 2001 spielte sie in Tom Tykwers "Heaven", übernahm im gleichen Jahr die Rolle der Elbenfrau "Galadriel" in den "Herr der Ringe"-Filmen und erntete Auszeichnungen für die Titelrollen in "Charlotte Gray" und "Die Journalistin". 2004 spielte sie in Scorseses "Aviator"und wurde dafür für einen Golden Globe nominiert und gewann einen Oscar als "Beste Nebendarstellerin".