Kirche: Seelenfrieden in tiefer Nacht

Mit „Nightfever“, einem regelmäßig stattfindenden Abend der Begegnung, soll der Geist des Weltjugendtages 2005 bewahrt werden.

Bonn. Die jungen Leute sehen auf den ersten Blick aus, als wollten sie etwas verkaufen. In einer Seitenstraße des Bonner Marktplatzes stehen sie an diesem Abend und warten auf zufällig vorbeischlendernde Passanten. Der Innenhof zum Eingang der Pfarrkirche St. Remigius ist von Kerzenlicht beleuchtet. Selbstgemalte Transparente am schmiedeeisernen Tor, dessen Flügel weit geöffnet stehen, verkünden: Der Geist des Weltjugendtages lebt.

"Wir haben ein Erlebnis vorbereitet", verspricht einer der jungen Leute einem Pärchen. "Zwei Kerzen, eine Kirche und ein Gott. Lasst Euch darauf ein." Die beiden Angesprochenen zögern, doch dann nimmt die Frau die angebotenen Teelichter. "Ich war schon lange nicht mehr in der Kirche", sagt sie mit etwas Unsicherheit in der Stimme.

"Nightfever" in Bonn: Hinter diesem Namen ("Fieber der Nacht") verbirgt sich keine Party mit lauter Musik, sondern die Umsetzung einer Idee, die gleich nach dem Weltjugendtag 2005 geboren wurde. Ohne jeden Zwang sollen Menschen an das Erlebnis Kirche und Gemeinschaft herangeführt und so - wie es die Transparente auch verkünden - der Jugendtags-Geist bewahrt werden. Jeder kann kommen und gehen, wann er will. Die Besucher von "Nightfever" - es sind vor allem junge Leute - sollen ins Gespräch kommen, ihre Sorgen anderen mitteilen. "Es geht uns darum, jungen Leuten, die keinen Bezug zu Kirche und Gottesdienst haben, aufzuzeigen: Es gibt eine echte Alternative zu Disko und Party", sagt Mitorganisator Pater Richard Stefaniuk.

Der Zeitpunkt in den Abendstunden ist absichtlich gewählt. In der Nacht, so ist auf der Homepage von "Nightfever" zu lesen, sei der Mensch besonders aufnahmefähig. Licht, Farben und Musik würden ganz anders wahrgenommen, Gedanken und Gefühle, die am Tage durch den Alltag oftmals überdeckt würden, kämen dann zum Zuge. Die Idee aus Bonn hat mittlerweile in Erfurt, Freiburg, Köln und Mainz Ableger gefunden. Einmal im Monat findet "Nightfever" in jeder der beteiligten Pfarrkirchen statt - in Köln sogar im Dom.

Das Innere der Pfarrkirche St. Remigius ist erleuchtet von zahllosen Kerzenflammen. Vor dem Flügelaltarbild im Chorraum knien Menschen im stillen Gebet. Im Seitenschiff spielt ein kleines Orchester eine Taizé-Melodie vom Gottesdienst des Weltjugendtages auf dem Kölner Marienfeld: "Bleibet hier und wachet mit mir", eine getragene Melodie, die zur inneren Einkehr einlädt. Es ist eine Atmosphäre, bei der das Beobachten des Lichtspiels einer Kerzenflamme nicht mehr als Zeitverschwendung, sondern als dringend benötigtes Abschalten erscheint. Die Kirche ist sehr gut besucht.

Unweit der Beichtstühle sitzen Priester und bieten das Gespräch an. Ihr Platz außerhalb der wuchtigen, fast schon bedrohlichen Beichtstühle ist absichtlich gewählt: Ein Bußgang ist nicht erwünscht, sondern das Gespräch auf gleicher Augenhöhe. Abseits von interreligiösen Differenzen um Liturgie und Glauben erobert sich der christliche Geist von Vergebung und Nächstenliebe neuen Raum bei den Jugendlichen.

Ort "Nightfever" findet heute in der Bonner Remigiuskirche, Brüdergasse, statt. Der nächste Termin in Köln ist am Samstag, 17. März.

Ablauf Beginn ist in Bonn um jeweils 17 Uhr, in Köln um 18 Uhr mit einem Gottesdienst. Bis Mitternacht kann meditiert, gebetet oder geredet werden. Wer ein Musikinstrument spielt oder gerne singt, ist bei den Organisatoren stets willkommen.