Juan Carlos: Der müde Monarch tritt ab
Ein König geht nicht in Rente, sagte Königin Sofía einst. Nun dankt ihr Mann, König Juan Carlos, ab. Das Land trifft es unvorbereitet.
Madrid. Es war sichtlich die schwerste Ansprache des spanischen Königs an sein Volk: „Ich habe entschieden, meine Regentschaft zu beenden und abzudanken“, erklärte ein bewegter König Juan Carlos per TV-Ansprache den Spaniern. Der 76-jährige, der nach einer Reihe von Hüft- und Knieoperationen am Stock geht, saß im mausgrauen Anzug mit feuchten Augen und unruhigen Händen hinter seinem Schreibtisch.
„Heute verdient eine jüngere Generation, in erster Reihe zu stehen und jene Reformen voranzubringen, welche diese Zeit erfordert“, nuschelte Juan Carlos. Sein 46-jähriger Sohn Felipe sei ein gut vorbereiteter und würdiger Nachfolger. Und: „Ich habe immer das Beste für Spanien gewollt.“ Dann folgte die spanische Nationalhymne.
Es war mittags gegen 13 Uhr, Spaniens 46 Millionen Bürger hielten den Atem an, Radio- und Fernsehapparate waren überall voll aufgedreht. Die Nation war Stunden zuvor gewarnt worden: Denn ein bitterernst ausschauender Regierungschef, der konservative Mariano Rajoy, hatte dem überraschten Volk mitgeteilt, „dass dies der beste Zeitpunkt sei, damit die Thronfolge mit völliger Normalität erfolgen kann“. Die Ernennung Felipes werde schon in „in Kürze“ geschehen, einen konkreten Zeitpunkt nannte er nicht.
„Ich wollte der König aller Spanier sein“, sagte Juan Carlos traurig. Doch die goldenen Zeiten des einst so volksnahen Monarchen, der einmal als „Bürgerkönig“ galt, sind schon länger vorbei. Nach 39 Jahren auf dem Thron wackelte das Denkmal erheblich. Laut Umfragen wünschte sich die große Mehrheit der Spanier, dass sich der König endlich aufs Altenteil zurückzieht.
In den letzten Jahren produzierte er vor allem mit Stolperunfällen, Krankenhausaufenthalten und mutmaßlichen Liebesaffären Schlagzeilen. Spätestens jener Luxus-Jagdausflug ins afrikanische Botswana, wo Ihre Hoheit im Frühjahr 2012 auf Elefanten anlegte, öffnete der spanischen Öffentlichkeit die Augen. Eine Safari, wo sich der König nicht nur die Hüfte brach, sondern er zusätzlich mit seiner „amiga “, der 30 Jahre jüngeren Deutschen Corinna zu Sayn-Wittgenstein, erwischt wurde.
Und das auf dem Höhepunkt der spanischen Finanz- und Wirtschaftskrise mit Millionen Arbeitslosen und Familien, die den Gürtel immer enger schnallen mussten. Die Empörung im Krisenstaat Spanien war so groß, dass Juan Carlos sich genötigt sah, öffentlich Abbitte zu leisten. „Es tut mir sehr leid. Ich habe mich geirrt. Das wird nicht mehr vorkommen.“
Genauso brachten Korruptionsvorwürfe gegen den königlichen Schwiegersohn Iñaki Urdangarin die Monarchie ins Wanken. Der Ehemann der zweitältesten Königstochter Cristina wird beschuldigt, jahrelang öffentliche Gelder in Millionenhöhe ergaunert und Steuern hinterzogen zu haben.
Unumstritten bleiben freilich Juan Carlos’ Verdienste in der Vergangenheit: Vor allem den älteren Menschen ist er als jener in Erinnerung, der Spanien von der Diktatur, die 1975 nach dem Tod von General Franco zu Ende ging, zur Demokratie steuerte. Franco hatte ihn schon 1969 zum Nachfolger als Staatschef bestimmt. Die älteren Spanier haben auch nicht vergessen, wie Juan Carlos am 23. Februar 1981 einen Putschversuch rechter Militärs stoppte.