Julie Andrews: Als Mary Poppins unvergessen
Am Freitag feiert Sängerin und Schauspielerin Julie Andrews ihren 75. Geburtstag – allerdings nicht ganz unbeschwert.
London. Strahlendes Lächeln, makellose Frisur, zu jedem Anlass das richtige Kostüm: Wenn jemand in Showgeschäft eine Lady genannt werden kann, dann ist das Julie Andrews. Für die feine englische Art ist die Sängerin und Schauspielerin ein Beispiel, wie es im Buche steht. Vielleicht ist diese Autorität ein Grund, warum ihre erfolgreichsten Filmrollen die eines Kindermädchens waren. Für "Mary Poppins" und "The Sound of Music" wird Andrews, die heute 75 Jahre alt, seit Jahrzehnten geliebt.
"Ich bin gern Vertreterin der alten europäischen Eleganz", sagte die Britin einst in einem Interview. Und sie sei froh, dass man sie auch in ihrem Alter noch als "vornehme, wenn auch mittlerweile gesetzte Dame" sehen wolle. So wie in den beiden "Plötzlich Prinzessin"-Filmen, für die sie Anfang und Mitte des Jahrzehnts nochmal in die Erzieherinnen-Rolle schlüpfte und dabei eine Präsenz auf der Leinwand hatte, gegen die keiner ihrer Kollegen ankam.
Fünf Kinder - vier adoptiert - hat sie mit ihrem Mann Blake Edwards großgezogen. Auch Ehemann Edwards, der mit den "Pink Panther"-Filmen berühmt wurde, hat gut zu tun. Es sieht aus wie das perfekte Leben einer perfekten Frau, doch Andrews hat mehr Kummer, als sie zugibt.
Im Jahr 1997 verlor sie nach einer Routine-Operation an den Stimmbändern ihre Stimme. Erst ein Jahr danach konnte sie wieder sprechen. Das Singen über vier Oktaven, das sie in ihrer Kindheit zum Star gemacht hatte, wird ihr wohl nie wieder möglich sein. "Es war eine Katastrophe und es ist auch heute noch sehr deprimierend", sagte Andrews. "Ich vermisse meine Singstimme schrecklich."
Sie gebe die Hoffnung nicht auf, wiederholte sie immer wieder in Interviews. Vielleicht war es eine Art Unfähigkeit, das eigene Schicksal zu akzeptieren, die sie im Mai dieses Jahres schließlich wieder auf eine große Bühne führte - ein Auftritt, der in der Katastrophe endete. Andrews trat vor zigtausenden Zuschauern in London auf und blamierte sich bitterlich.
Die Kritiker der Traditionszeitungen versuchten noch, Höflichkeit zu bewahren. Doch die Boulevardpresse sagte es klar heraus: Andrews könne einfach nicht mehr singen. Leute verließen vorzeitig den Saal, wollten ihr Geld zurück. Einen bleibenden Imageschaden trug die Lady zwar nicht davon, aber den Stimmverlust wird sie vielleicht nie überwinden.
Kann man nur hoffen, dass ihre Familie und ihre vielen weiteren Aktivitäten sie trotzdem ausfüllen. So schreibt sie zum Beispiel Kinderbücher, was ihr nach eigenen Angaben viel Freude bringt. Und eine Einsicht: "Ich mache Dinge, die ich nie getan hätte, wenn ich noch singen würde."