Klage: Kippen Kölner Richter die Steuer-ID?
Praktisch alle Menschen in Deutschland haben eine Steuer-Identifikationsnummer. 170 Kläger halten sie für verfassungswidrig.
Köln. Bei einem Musterprozess in Köln ist die millionenfach neu zugeteilte Steuer-Identifikationsnummer ("Steuer-ID") für alle Bürger erstmals auf den Prüfstand gekommen. Die im Oktober 2008 eingeführte Nummer verletzte laut Klägeranwalt Martin Heufelder das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Das sei ein Schritt hin zum "gläsernen Bürger" und setzte eine "gigantische Kontrollmaschine" in Gang.
Mehr als 170 Kläger halten die neue Steuer-ID für verfassungswidrig und waren vor das Kölner Finanzgericht gezogen, das bundesweit einzig zuständige Gericht in dieser Frage. Drei Klagen wurden nun als Präzedenzfall verhandelt. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) als Beklagte bestritt die Vorwürfe vehement.
Die Kombination aus elf Ziffern lasse keine Rückschlüsse auf die Person zu, es handele sich um eine "nicht sprechende Nummer", betonte Kyra Mühlenharz vom BZSt.
Gespeichert seien Daten wie Name, Geburtstag, Adresse, Name der "Lebenspartnerschaft". Diese Daten seien sicher: "Auskünfte aus der Datenbank bekommt nur der Betroffene selbst." Bevor die Informationen an Dritte wie Rententräger vergeben würden, prüfe das BZSt immer ausreichend.
Kläger-Anwalt Heufelder kritisierte, es sei unklar, wer befugt sei, wessen Daten an wen genau weiterzugeben. Zu befürchten sei, dass praktisch alle Finanz-Transaktionen rund um die Steuer öffentlich würden. Das könne schon "in die Nähe der Erstellung eines Persönlichkeitsprofils" gehen.
Es bleibe auch unklar, warum bereits Babys kurz nach ihrer Geburt die lebenslang gültige Steuer-ID erhalten. Die Kläger verlangen für sich und teilweise auch für ihre Kinder die Löschung der ID-Nummer.
Falls das Gericht die Bedenken der Kläger teilt, müsste es die Fälle dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. (AZ: 2 K 3834/08, 2 K 3837/08, 2 K 3838/08).