Luxus-Haft für Heinz Nieder?
Sechsfacher Mörder arbeitet seit zwei Jahren in der Küche des JVA-Krankenhauses.
Düsseldorf. „Wenn das wirklich stimmt, dann ist das ein Riesenskandal“, sagt Leonore Hölling. Die Rechtsanwältin ist schockiert, als sie hört, dass Heinz Nieder seit rund zwei Jahren im Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg (Sauerland) als Hausarbeiter in der Küche eingesetzt wird und folglich gar nicht in einem normalen Gefängnis einsitzt.
Nieder ist der Mann, der nach einem Prozessmarathon und zwei Fluchten 2009 als sechsfacher Mörder ins Gefängnis kam. Mit einer vorsätzlich herbeigeführten Gasexplosion hatte er 1997 sein Mietshaus in die Luft fliegen lassen, weil er seine Mieter loswerden wollte.
„Hausarbeiter, das ist das Beste, was einem im Vollzug passieren kann“, kommentiert Anwältin Hölling, die einen der Hinterbliebenen vor Gericht vertrat. Hausarbeiter genießen eine besondere Stellung, werden auch zum Reinigen etwa von Fluren und Toiletten oder bei der Essensausgabe eingesetzt.
Also Luxus-Häftling Heinz Nieder? So sieht das auch Guido Zengerle, ebenfalls Rechtsanwalt aus Düsseldorf. Seine Frau hat anfangs den Kumpanen von Nieder vertreten. „Dass er diese Sonderstellung hat, lacht den Opfern höhnisch ins Gesicht.“
Wirklich zu schaffen machte Nieder offenbar seine endgültige Einfahrt ins Gefängnis im April 2009. Nach seinem ersten Tag in der JVA Hagen hatte er sich mit einem Messer ins Handgelenk geschnitten.
Er wurde in das Justizkrankenhaus gebracht. „Wir haben ihn wegen des Suizidversuchs behandelt und dann nach und nach heruntergestuft“, sagt der Krankenhausleiter, Joachim Turowski.
Während die Patienten normalerweise recht zügig wieder in ihre Herkunftsanstalten einrücken, hatte Nieder Glück. Er wurde einer der zwölf Hausarbeiter, die ihre Strafe in der Klinik verbüßen dürfen.
„Das ist hier auch ein normales Gefängnis und wir haben weniger Freizeitmöglichkeiten als andere Anstalten“, sagt Turowski, gibt aber gleichzeitig zu: „Man kann sich relativ frei bewegen und kommt eher mit den Mitarbeitern in Berührung und nicht mit Junkies oder anderen, die im normalen Gefängnis ihre Geschäfte aufziehen wollen. Es ist ruhiger.“
Und Nieder ist offenbar jemand, der zum besonderen Anforderungsprofil passt. Turowski: „Die Hausarbeiter sind handverlesene Leute.“
Nieders Anwalt war nach Aussage seiner Sekretärin gestern nicht zu sprechen. Der Leiter des Krankenhauses skizziert, wie es für den sechsfachen Mörder weitergehen dürfte.
„Er wird vermutlich in Kürze das Einweisungsverfahren in der JVA Hagen antreten.“ Ob er dann in ein Gefängnis oder gar zurück nach Fröndenberg kommt, ist laut Turowski offen.
Auch dürfte es bald vor dem Landgericht Duisburg um die Frage gehen, wie lange Nieder überhaupt noch einsitzt. Neben der U-Haft von achteinhalb Jahren hat das Gericht wegen der langen Verfahrensdauer vier Jahre Strafrabatt gewährt. Zwei Jahre hat er im JVA-Krankenhaus abgesessen. Damit sind die „lebenslangen“ 15 Jahre beinahe erreicht.
Da jedoch die besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde, sind bis zu zehn weitere Jahre hinter Gittern möglich — ob luxuriös oder nicht.