Medien-Skandal erschüttert die Briten
Ein Boulevardblatt soll systematisch Handys abgehört haben.
London. In Großbritannien sind die Skandaljäger der Boulevardpresse, die in Großbritannien besonders scharf attackiert, zu Gejagten geworden: Weil sie Handys eines getöteten Kindes und der Angehörigen von Terroropfern abgehört haben soll, steht jetzt die „News of the World“ am Pranger.
Medienmogul Rupert Murdoch könnten die Methoden seiner Redaktion teuer zu stehen kommen.
Ausgerechnet am Jahrestag der Londoner Terroranschläge erhielten die Hinterbliebenen neue Hiobsbotschaften. Im größten Medien-Skandal des Königreiches sind sie nun von Scotland Yard kontaktiert worden, weil ihre Handys vermutlich von der „News of the World“ angezapft wurden, als ihre Angehörigen im Sterben lagen.
Während die Polizei ermittelt, will Premierminister David Cameron eine Untersuchungskommission einrichten. Dabei ist schon jetzt klar, dass die Fährte auf den engsten Kreis des Regierungschefs weist.
Der Cameron-Vertrauten Rebekah Brooks, zurzeit Geschäftsführerin der „News of the World“, wird vorgeworfen, Privatdetektive zur „Recherche“ gebucht zu haben. Als Murdochs rechte Hand im Königreich hatte Brooks diese Praxis bisher immer als fehlgeleitetes Verhalten einiger Einzelredakteure dargestellt.
Doch Brooks trug als damalige Chefredakteurin direkte Verantwortung für ihre Mitarbeiter, als sich der pikanteste Skandal ereignete. 2002 heuerte das Blatt private Ermittler an, die sich in die Mailbox der vermissten Milly Dowler einwählten.
Die Detektive erhofften sich ein paar saftige Schlagzeilen aus den Handy-Nachrichten — und löschten die verzweifelten Botschaften, die die Eltern ihrem Kind hinterließen, um Platz für neue Nachrichten zu schaffen. Polizei und Eltern waren deshalb lange im Glauben, dass Milly noch leben und ihr Telefon nutzen würde. In Wahrheit war die 13-Jährige bereits tot.