Meisner wirft Pfarrer raus

Der Kölner Erzbischof ist über den renitenten Geistlichen Michael Jung höchst verärgert.

Meckenheim. Seit dreieinhalb Jahren ist Michael Jung katholischer Pfarrer in Meckenheim bei Bonn. Der 42-Jährige betreut fünf Pfarreien mit rund 12000 Mitgliedern. Seit Freitag ist er nicht mehr im Amt - zumindest wenn es nach dem Kölner Kardinal Joachim Meisner geht. Der hat ihn - in Meisners fast 20-jähriger Kölner Amtszeit einmalig - des Priesteramtes enthoben. Doch Jung wehrt sich.

Er sieht sich zu Unrecht beschuldigt, eine bischöfliche Visitation (Besuch) verweigert, Mitarbeiter zur Illoyalität gegenüber dem Erzbistum aufgerufen und das Bistum wegen verschiedener Sparmaßnahmen der Untreue bezichtigt zu haben. "Ich bin und bleibe rechtmäßig Pfarrer in Meckenheim", sagt Jung.

Die Sanktionen hält Jung ("Ich bin ein Dickschädel") für nichtig. Am Wochenende zumindest hat er noch alle Messen gelesen. Beim Landgericht Rheinbach erwirkte er am Samstag eine Einstweilige Verfügung gegen das Erzbistum.

Dem wurde aufgegeben, auf die Verlesung eines "Proclamandums", also der Begründung für die Amtsenthebung, zu verzichten. In dem Proclamandum hatte es unter anderem geheißen, Jung habe ein völlig inakzeptables und unangemessenes Verhalten an den Tag gelegt und alle Angebote zur Konfliktlösung verweigert.

Der Streit hatte im November 2007 begonnen. In einer Predigt hatte Jung erklärt, er habe für die Abwahl der umstrittenen Meckenheimer Bürgermeisterin gestimmt. "Das war in der Tat angreifbar", räumt Jung heute ein. "Aber seither kommt vom Kardinal eine Art Dauerfeuer." Doch die Freude am Priesterberuf lasse er sich auch vom Kardinal nicht nehmen, der in seiner Sache Kläger und Richter zugleich sei.

Am Freitag hatte Kreisdechant Bernhard Auel, als "Gemeinderverweser", also als kommissarischer Pfarrer eingesetzt, unverrichteter Dinge wieder abziehen müssen. Er hatte ein Hausverbot aussprechen sollen und versucht, die Schlüssel für das Pfarrhaus zu erhalten. "Ich bin aufgefordert worden, innerhalb von 15 Minuten die Schlüssel zu übergeben", sagt Jung.

Als er sich weigerte, suchte Auel Hilfe bei der Polizei. Die Beamten hätten schon geahnt, dass sie da kein alltäglicher Einsatz erwarte, sagte ein Sprecher der Polizei. Sie seien daher in Zivil nach Meckenheim gefahren, um Aufsehen zu vermeiden. Sie sondierten die Lage und kamen zu dem Schluss, dass sie ohne richterlichen Beschluss nicht eingreifen konnten.

Natürlich blieb das Vorgehen des Erzbistums gegen ihren Seelsorger den Gemeindemitgliedern nicht verborgen. Manche bedauerten, dass sie am Sonntag die Gründe von Kardinal Meisner für Amtsenthebung nicht erfuhren. Andere stärkten Jung demonstrativ den Rücken.

Dieser habe bei seinem Amtsantritt "völlig desolate Pfarrgemeinden vorgefunden und anschließend nicht die notwendige Unterstützung des Erzbischofs bekommen", sagt Bernhard Heckenbücker vom Kirchengemeindeverband. Jung sei ein sehr guter Seelsorger.

"Er ist ein bisschen eckig und kantig", sagt Hermann-Josef Noethen, Kirchenvorstand im Seelsorgebereich Meckenheim, "und er ist gegenüber dem Bischof nicht stromlinienförmig". Zur abgesagten Visitation des Weihbischofs Heiner Koch meint Noethen: "Jung hat gesagt, er sei allein in Meckenheim als Pfarrer und könne sich eine Woche Herumreisen nicht leisten." Die einzige Kritik, die Noethen öfters gehört hat: "Dass er in der Messe zu schnell und zu leise spricht."

Der Pfarrgemeinderat ist "bestürzt und wütend" über den Rauswurf seines Pfarrers. Den Gemeinden seien in der Vergangenheit viele Härten zugemutet worden.

Zur aktuellen Entwicklung wollte das Erzbistum gestern nicht Stellung beziehen. "Die Amtsenthebung ist zugestellt worden und damit in Kraft", sagt Sprecher Christoph Heckeley. In der Vergangenheit sei versucht worden, das Problem anders zu lösen, das alles aber habe nicht gefruchtet.

Er verwies auf ein für heute in Köln geplantes Gespräch mit Jung. Der aber will diesen Termin verstreichen lassen: "Ich bleibe in Meckenheim." Widerspruch gegen den Kölner Beschluss ist beim Vatikan möglich. Doch dass dieser Weg für ihn Erfolg bringen wird, das glaubt er nicht.