„Michelangelo des Nordens“ - Hommage an Andreas Schlüter

Berlin (dpa) - Seine Zeitgenossen nannten ihn „Michelangelo des Nordens“, er war der Baumeister des barocken Berlin. Dennoch ist der Bildhauer und Architekt Andreas Schlüter (1659 oder 1660-1714) überraschend wenig bekannt.

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Zu seinem 300. Todesjahr widmet ihm seine Heimatstadt jetzt erstmals eine umfassende Ausstellung.

Im Bode-Museum auf der Museumsinsel sind von Donnerstag an mehr als 230 Skulpturen, Grafiken, Gemälde und Architekturmodelle zu sehen, die Schlüters Einfluss auf das Stadtbild deutlich machen. „Er hat Berlin innerhalb von eineinhalb Jahrzehnten von der kommoden Provinzresidenz zur führenden Barockmetropole Europas umgebaut“, sagte Museen-Generaldirektor Michael Eissenhauer am Dienstag.

Schlüters Meisterwerk, das Berliner Schloss, liegt allerdings schon längst in Schutt und Asche. Die einstige Preußenresidenz war im Krieg schwer beschädigt und zu DDR-Zeiten gesprengt worden. Dass sie nun einen Steinwurf vom Bode-Museum entfernt wieder aufgebaut wird, macht einen besonderen Reiz der Ausstellung aus.

Während drüben vorerst kahle Betonwände hochgezogen werden, sind in der Ausstellung zahlreiche Skulpturen und Schmuckelemente zu sehen, die die historisch rekonstruierte Fassade einst wieder schmücken sollen. Ein großes Modell aus Lindenholz im Maßstab 1:100 lässt die alte und neu geplante Pracht des Barockbaus erahnen. Und auf der Monbijoubrücke vor dem Museum soll während der gesamten Laufzeit ein Bildhauer aus der Schlosswerkstatt am Außenschmuck werkeln.

Auch wenn Ausstellungskurator Hans-Ulrich Kessler schon seit zehn Jahren auf das Projekt hinarbeitet, dürfte die Eröffnung jetzt den Verantwortlichen nicht gerade ungelegen kommen. Denn bei dem auf insgesamt 590 Millionen Euro veranschlagten Schloss-Bau sollen 80 Millionen Euro für die historischen Fassaden durch Spenden hereinkommen. Die Summe ist noch nicht annähernd beieinander, ein wenig Werbung kann nicht schaden.

Vor allem aber macht die Ausstellung den Danziger Schlüter als Bildhauer wieder lebendig. Ein besonderes Schmuckstück ist der Nachguss seines Standbilds von Friedrich III., wie Kurator Kessler erläutert. Obwohl der Kurfürst, liebevoll „Schiefer Fritz“ genannt, von früh auf verkrüppelt war, stellte Schlüter ihn fast tänzelnd als jugendlichen Apoll dar.

Das wohl berühmteste Werk des Schlossbaudirektors, das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten mit vier Sklaven zu seinen Füßen, ist in einer kleineren Nachbildung zu sehen - das Original steht vor dem Charlottenburger Schloss. Zudem sind den Schlüter-Werken Skulpturen und Bilder wichtiger Zeitgenossen wie Francois Dieussart, Bartholomäus Eggers und Gabriel Grupello zur Seite gestellt.

Ziel sei, auch das historische Umfeld des Künstlers und seine Vorbilder deutlich zu machen, sagte Kessler. „Er hatte eine große Auffassungsgabe, die Stile anderer Künstler zu übernehmen - aber nicht, um sie nachzumachen, sondern um etwas Neues zu schaffen, das einzigartig war.“

Ergänzend zur Ausstellung gibt's einen eigens entwickelten Stadtführer „Andreas Schlüter und das barocke Berlin“, der Interessierte zu den noch erhaltenen Werken an Originalstandorten führt: etwa zum Fassadenschmuck am Zeughaus, zur Kanzel in der Marienkirche und zum Berliner Dom, in dem sein Auftraggeber König Friedrich I. und Gemahlin in von ihm verzierten Sarkophagen liegen.

„Über seine Biografie wissen wir praktisch nichts“, sagt Gemäldegalerie-Direktor Bernd Wolfgang Lindemann. „Die verschwindet hinter seinem Werk.“