Nach dem Fest: Lob dem Neujahrstag
Berlin (dpa) - Silvester finden viele stressig. Der 1.1. dagegen ist der friedliche Folgetag: Das neue Jahr liegt einem zu Füßen. Fünf Gründe, warum Neujahr toll sein kann - und ein Tipp, wie man den Tag verbringen könnte.
Amüsier-Zwang zum Jahresausklang: Zwischen Fondue-Essen und Feuerwerk-Gucken, Bleigießen und Böllern, Theater-Abend oder TV-Marathon fühlt sich mancher - wenn auch sektselig - aufgerieben. Doch dem Silvester-Stress folgt die erfreuliche Neujahrs-Erholung. Ein Lob auf den 1. Januar: Fünf Gründe, warum der erste Tag des Jahres vielleicht auch der beste ist.
ERSTENS: Am 1.1. herrschen Freiheit und Selbstbestimmtheit. Anders als beim 31.12. fragt einen praktisch niemand „Was machst du eigentlich Neujahr?“.
Der Soziologie-Professor und Lebenstil-Experte Thomas Müller-Schneider von der Universität Landau (Rheinland-Pfalz) macht den Unterschied zwischen Silvester und Neujahr deutlich: Silvester wohne ein hohes „Enttäuschungsrisiko“ inne. Denn: Der Erlebnisdruck an diesem Tag - beziehungsweise in der Nacht - konzentriere sich auf wenige Stunden. Dies gelte umso mehr, weil viele von Silvester-Partys etwas Besonderes erwarteten, meint Müller-Schneider. Der Neujahrstag dagegen berge echtes Erholungspotenzial.
ZWEITENS: Man wird in Ruhe gelassen: Kaum jemand ruft einen am Neujahrstag an oder schreibt eine E-Mail oder Nachricht. Verständnis allerorten, dass sich alle zurückziehen und gern zu Hause bleiben.
Der Psychotherapeut Jörg Fengler sagt: „Der Neujahrstag ist für viele Menschen in Deutschland mit langem Ausschlafen verbunden. Er ist ja für die meisten arbeitsfrei und im Grundzug frei von Verpflichtungen.“ Für manche Menschen sei Neujahr auch ein Tag des Aufräumens nach der Feier vom Vorabend, andere kämpften nach dem Aufwachen mit einem Kater. „Wieder andere werden über die Vorsätze nachdenken, die sie am Vorabend gefasst und ausposaunt haben - oder versuchen, sich an sie zu erinnern.“
DRITTENS: Draußen herrscht die Ruhe nach dem Silvester-Sturm: Nur Knallkörper-Nachzügler stören die Stille, Böllermatsch und Raketenstäbe liegen herum, Sektflaschen stehen in der Gegend.
Psychotherapeut Jörg Fengler meint, aufgeräumt werde nicht nur zu Hause oder auf den Straßen, sondern auch im Kopf: „Der Neujahrstag kann ein Tag von Hoffnung, Erwartung, Neustart und freudigen Fragen sein: Wie wird dieses Jahr werden? Welche Pläne werden sich in die Tat umsetzen lassen? Worauf werde ich verzichten müssen?“
VIERTENS: Im Fernsehen weiß man, was man bekommt: zum Beispiel das berühmte Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, Neujahrsspringen aus Garmisch-Partenkirchen und am Abend „Traumschiff“ und „Tatort“.
Der Neujahrstag ist ein gefühlter Sonntag, auch wenn er diesmal auf einen Mittwoch fällt. Das macht nicht zuletzt das Abendprogramm im Fernsehen, in dem die ARD einen frischen sogenannten Sonntagskrimi aus ihrer legendären „Tatort“-Reihe sendet - 2014 übrigens den Leipzig-Krimi „Türkischer Honig“ mit Simone Thomalla und Martin Wuttke alias Eva Saalfeld und Andreas Keppler. Beim ZDF-„Traumschiff“ übernimmt am 1. Januar 2014 Schauspieler Sascha Hehn vom langjährigen Kapitän Paulsen (Siegfried Rauch) das Ruder.
FÜNFTENS:Alle Vorsätze für das neue Jahr sind noch frisch und deshalb ungebrochen: Das fühlt sich erfolgreich an. Neujahr kann ein guter Tag des Nachdenkens sein.
Psychotherapeut Jörg Fengler sagt, der Neujahrstag konfrontiere jeden mit existenziellen Fragen des Lebens: „Welche unerledigten Dinge aus dem vergangenen Jahr will ich zu Ende bringen? Welche Fehler aus der Vergangenheit will ich im neuen Jahr vermeiden? Welche Ziele sollen Vorrang haben? In welcher Haltung möchte ich am Ende des neuen Jahres auf diese zwölf Monate zurückblicken? Werde ich dann sagen können: "Dieses Jahr war ein gutes Jahr!"?“
FAZIT: Der Neujahrstag birgt natürlich auch Gefahren. Psychologen warnen, dass die Vitalität des Neujahrstages rasch verfliegen könne, es gefühlt nach dem ersten Tag des Jahres nur bergab gehe. Viele Menschen sagten bereits nach kurzer Zeit: „Der Alltag hat mich schnell wieder eingeholt!“ Doch dieser Satz enthalte einen gedanklichen Fehler, sagt Jörg Fengler, emeritierter Professor der Uni Köln: „Er stellt die Stimmung des Aufbruchs und die Praxis des Alltags als unvereinbare Gegensätze dar. Tatsächlich steht aber der 1. Januar auf der gleichen Ebene wie alle anderen Tage des Jahres.“
TIPP DES GEMÜTS-EXPERTEN: Den Neujahrstag von hochfliegenden Plänen freihalten und bodenständig gestalten, als Vorbild fürs weitere Jahr.