Palin: „Behandelt wie ein Idiot“
Die Republikanerin lässt kein gutes Haar an McCains Beraterteam.
Washington. Ihre sensationelle Nominierung zur republikanischen Vizepräsidentschaftskandidatin hatte die US-Öffentlichkeit verblüfft und dem politischen Establishment einen Schock versetzt. Nun wartet Amerika gespannt auf die Memoiren der früheren Alaska-Gouveurin Sarah Palin, die jetzt auf den Markt kommen.
Während einer PR-Tournee, die in der Talkshow der Unterhaltungsikone Oprah Winfrey begann, gab die 45-Jährige bereits einen Vorgeschmack auf das 413 Seiten umfasssende Werk, das sie während des Frühjahrs und Sommers in einer kleinen Mietwohnung in San Diego geschrieben hatte.
Palin spricht nicht nur über den lieben Gott, das Verhältnis zur eigenen Familie und die Karriere einer Provinzpolitikerin aus Sandpoint im US-Staat Idaho. Insbesondere rechnet sie eiskalt mit dem Beraterstab von John McCain ab, dem sie als Nummer zwei im Lande ins Weiße Haus hatte folgen sollen.
Der Titel entbehrt nicht einer gewissen Selbstironie. "Going Rogue" bedeutet leicht abschätzig "auf eigenen Wegen", eine durchaus treffende Beschreibung des Lebenswegs der selbstbewussten Einzelgängerin, die zunächst im Bezirksrat der Klainstadt Wasilla, Alaska, saß und später zur Gouverneurin gewählt wurde. Als schließlich im August vergangenen Jahres McCain sich überraschend für die in der großen Politik völlig unerfahrene Familienmutter entschied, wurde Palin über Nacht ins Rampenlicht der Medien katapultiert.
Während der Präsidentschaftskampagne, so berichtet sie in ihrem Buch, hätten immer dann, wenn sie ihre Meinung sagte, McCains Berater sich angelächelt und spöttisch gemeint, schon wieder gehe sie "rogue". Nach einigen desaströsen Fernsehinterviews wurde sie systematisch von den Medien abgeschirmt. Auf Flügen war Palin strikt verboten, zum hinteren Teil des Flugzeugs zu gehen und sich mit Reportern auszutauschen.
Ihr besonderer Zorn gilt McCains Wahlkampfmanager Steve Schmidt, der angeordnet haben soll, "Haltet Sie auf!" sobald sich Palin in die Nähe von Journalisten begibt. Besonderen Anstoß nimmt die Autorin an Schmidts Entscheidung, vor der Fernsehdebatte gegen Barack Obamas designierten Stellvertreter Joe Biden einen Ernährungswissenschaftler einfliegen zu lassen, um ihr eine proteinreiche Diät zu verschreiben, die ihre Konzentrationsfähigkeit erhöht. "Ich fühlte mich behandelt wie ein Idiot", sagte sie nun in einer der Talkshows.
Dabei kam der Gipfel der Demütigung erst später: Die Rechnung für die ausführliche Durchleuchtung ihrer Vergangenheit, die bei jeder Wahlkampagne gang und gäbe ist, bekam die gescheiterte Vizepräsidentschaftskandidatin höchstpersönlich präsentiert. 50 000 Dollar musste sie aus eigener Tasche zahlen.