Religion: Tony Blair, der heimliche Katholik

Als britischer Premierminister konnte er sich dieses Glaubensbekenntnis nicht leisten. Nach einer Privataudienz beim Papst gilt der Übertritt als sicher.

London. Alle haben es gewusst, schon lange. Doch die Briten sind Weltmeister im Pragmatismus. Und so konnte Tony Blair zehn Jahre lang genau das sein, was eigentlich als schwer vorstellbar gilt: Ein Katholik als Premierminister der Briten, wenn auch ein heimlicher.

Ein echtes Problem war das nicht, solange er offiziell der Anglikanischen Kirche und damit der Staatskirche Englands angehörte. Nun verlässt Tony Blair die Downing Street und endlich kann er sich zum Glauben seiner Gattin Cherie bekennen, dem Katholizismus.

Dennoch hat Blairs angeblich kurz bevorstehender Religionswechsel für so manchen im Königreich einen schalen Beigeschmack. Ist das noch tolerierbarer Pragmatismus? Oder ist die Grenze zur Heuchelei überschritten, wenn jemand einer Kirche letztlich um seiner politischen Karriere Willen angehörte?

Seit 1668 durch die Glorreiche Revolution der katholische König James II. gestürzt wurde und dessen protestantische Tochter Maria II. mit ihrem Ehemann Wilhelm III. von Oranien den englischen Thron bestiegen, war nie ein Katholik Premierminister.

Ähnlich wie in den USA müssen sich Politiker katholischen Glaubens des Verdachtes erwehren, religiös-ideologischen Vorgaben des Vatikans zu folgen. Dafür allerdings hat Blair nie einen Anlass gegeben.

Unter seiner Regierung wurde vieles durchgesetzt oder aufrechterhalten, was von der katholischen Kirche bekämpft wird: Die so genannte Homo-Ehe, das Recht auf Abtreibung und nicht zuletzt die Forschung mit embryonalen Stammzellen.

"Mit diesem Geschenk hat er Rom und der Welt seinen Übertritt zur Katholischen Kirche signalisiert", kommentierte der Vatikan-Insider Marco Politi. Offiziell ging es in dem Papst-Gespräch um die Zukunft der Europäischen Union und die Entwicklung des Nahen Ostens.

Labour-Führer: Von 1994 bis 2007 war Blair Vorsitzender der britischen Labour-Partei. Am Sonntag übergab er den Posten an Gordon Brown.

Premierminister: Am Mittwoch tritt Blair auch als Premierminister zurück. Er war der am längsten amtierende Premier der Labour-Partei.

Politik: Unter "New Labour" rückte Blair seine Partei in die politische Mitte und verfolgte eine Politik des freien Marktes. Außerdem unterstützte er Bushs Anti-Terror-Kampf.