Vierfachmord: Zwei 19-Jährige auf der Anklagebank
Die Eltern und zwei Schwestern eines Angeklagten sind tot.
Ulm. Regungslos, mit gesenktem Kopf sitzen die beiden Tatverdächtigen da, als die Staatsanwältin die Anklageschrift verliest. Der Sohn der getöteten Familie legt seine Hände auf den Tisch. Sein mitangeklagter Freund verschränkt sie vor dem Bauch.
Die beiden 19-Jährigen wirken nicht so eiskalt, wie sie allem Anschein nach in der Nacht zum Karfreitag 2009 in Eislingen vorgegangen sind. Mit insgesamt 30 Schüssen sollen sie erst die beiden Schwestern (22 und 24 Jahre alt) erschossen haben, die im Schlafanzug vor dem Fernseher saßen. Dann sollen sie auf die aus einer Gaststätte heimkehrenden Eltern gefeuert haben. Als Motiv vermutet die Anklage, der Sohn habe ein Konto mit 256 000 Euro für sich haben wollen. Seinen Freund habe er beteiligen wollen.
Beim Prozessauftakt vor dem Landgericht Ulm sehen sich die einst eng befreundeten Schulkameraden nicht an. Beide sind an Händen und Füßen gefesselt. Beide tragen Kapuzenpullover. Der Schulfreund wirft seinen Eltern nur einen kurzen Blick zu.
Die Anwälte kündigen nach dem Verlesen der Anklage an, dass sich ihre Mandanten äußern werden. "Zu gegebener Zeit werden Angaben kommen - auch geständige Angaben", sagt der Anwalt des 19-jährigen Sohnes.
Schon vor Prozessbeginn ließ er über seinen Anwalt verbreiten: "Das Schlimmste ist, dass ich meinen Vater so vermisse." Vielleicht ist seine Reue ehrlich gemeint. Vielleicht spielt er aber auch nur weiter eine Rolle. Denn schon am Morgen nach der mutmaßlichen Tat meldete er laut Staatsanwaltschaft "völlig aufgelöst" der Polizei, er habe die Leichen seiner Eltern und Schwestern entdeckt. "Die zwei Jungs sind heulend herumgelaufen", berichtete die Mutter des Schulfreundes dem "Stern". Stunden später stellte sich alles als große Lüge heraus.
Die Polizei nahm die jungen Männer fest, weil sie Schmauchspuren an ihnen fand und Einbruchspuren in der Wohnung fehlten. Die Tatwaffen sollen die beiden neben 15 weiteren bei einem Einbruch im Vereinsheim der Eislinger Schützengilde im Oktober 2008 erbeutet haben.
Die Anwälte bezweifeln das Motiv Geldgier. Ihrer Meinung nach sei es eher in den familiären Verhältnissen und in der Freundschaft der beiden Angeklagten zu finden. Der Sohn soll in seiner Familie sehr isoliert gewesen sein. Laut Anklage fühlte er sich unverstanden und bevormundet. Das Urteil soll Ende Januar fallen.