Xavier Naidoo: "Ich bin klassischer Unternehmer"
Der deutsche Künstler über Barack Obama, seinen Erfolg und die Gefahr als Musiker.
Düsseldorf. Der Sänger Xavier Naidoo wird politisch: "In unserem Alter muss man zeigen, dass man es besser machen kann".
Herr Naidoo, auf dem neuen Album geht es viel um Politik und nicht mehr um Glauben. Warum?
Xavier Naidoo: Ich habe jetzt gar nicht gezielt beschlossen, ich will in die oder die Richtung. Es ist halt passiert, dass ich jetzt weniger über Glaubensthemen singe. Jetzt hat meine Musik mehr diesen "Gib nicht auf"-Ton.
In einem Lied heißt es "Barack Obama hat ausgedient". Warum?
Naidoo: Ich sehe ihn nicht so positiv wie der Rest der Welt. Mir gefällt diese Nähe zur Wall Street nicht. Ich habe Angst davor, dass man sich gerade in Deutschland nach Bush so sehr jemand anderen herbeigesehnt hat, und es dann gleich heißt: "Amerika hat sich verändert." Und in Wahrheit hat sich gar nicht soviel verändert. Es wird trotzdem von Deutschland verlangt, mehr Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Sobald solche Forderungen kommen, werde ich misstrauisch.
Hat dieses verstärkte Interesse an der Politik etwas mit dem Alter zu tun?
Naidoo: Wir sind die nächste Generation. Wir schimpfen die ganze Zeit über die Vergangenheit und die Kohl-Ära, aber jetzt so langsam kommen wir in ein Alter, wo man zeigen muss, dass man es besser machen kann.
Wie denn?
Naidoo: Für mich ist es vor allem eine regionale Sache. In Mannheim etwas anzupacken, auch mit der regionalen Politik zusammen - das versuchen wir. Mit unserer Musik-Firma, mit der Pop-Akademie, mit anderen Projekten. Uns war immer wichtig, dass Arbeitsplätze entstehen. Mein Vater war Schweißer bei John Deere. Und man hat in den 80er und 90er Jahren zusehen müssen, wie die ganzen Arbeitsplätze verschwanden und Mannheim mit die höchste Arbeitslosenquote bekam.
Ist es aber als finanziell erfolgreicher Popstar nicht schwierig, sich mit den Nöten der normalen Bevölkerung zu identifizieren?
Naidoo: Für mich ist es nicht schwierig. Ich habe lange genug miterlebt, wie es ist, wenn der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht. Auch jetzt denke ich mir, wir sind ein sehr kleines Unternehmen, wir tragen die Verantwortung für die Leute, die für uns arbeiten. Und wir haben schon oft gesehen, wie schnell man in der Musikindustrie scheitern kann. Dann drohen auch bei uns Entlassungen. Dabei bin ich eher ein klassischer Unternehmer und investiere immer alles in die Firma. Ich habe keine Ausbildung fertiggemacht. Alle diese Dinge, auf die man sich in Deutschland gerne verlässt, habe ich nicht.
Können Politiker für ein neues Wir-Gefühl sorgen?
Naidoo: Der Vertrauensverlust ist groß. Die Politiker könnten gut für das Wir-Gefühl sein, aber sie sind Getriebene geworden. Ein Adenauer konnte sich auch mal zwei Wochen Zeit für eine Entscheidung lassen, weil er nicht durch Schlagzeilen dazu gedrängt wurde, schon am nächsten Morgen irgendeine Lösung parat zu haben. Wenn ich die Augen zumache, sehe ich die Politik eher auf einer Gefühlsebene. Dann fühle ich mich traurig und wütend und denke, das hat Deutschland nicht verdient.
Läuft man als erfolgreicher Musiker nicht Gefahr, dass man sich über die Jahre eine sichere Nische sucht?
Naidoo: Ich glaube, diese Gefahr ist immer da, dass man sich zufriedener fühlt, als man sollte. Aber mir geht es ja auch nicht um Geld oder Erfolg, sondern dass ich glücklich damit bin, was ich mache. Ein Teil von mir sucht einfach jeden Tag nach einem geilen Beat - ich bin einer von denen, die immer dieses Kopfnicken machen zur Musik. Diese Suche könnte ich nicht aufgeben.