Wenn Menschen verschwinden
Tausende Personen werden vermisst gemeldet. Wer zahlt für die Suchaktionen?
Mönchengladbach/Trier. Fast zwei Monate lang hat die Polizei in Trier mit einer 30-köpfigen Sonderkommission nach dem vermissten Studenten Maxim B. gesucht.
Er wollte im Juli zu seinen Eltern nach Dresden fliegen. Dort kam er aber nie an. Als der 28-Jährige am 18. September plötzlich in Rumänien auftauchte, hat er dort zunächst angegeben, entführt worden zu sein. Mittlerweile verweigert er jede Aussage.
Seit Freitag ermittelt die Staatsanwaltschaft Trier gegen B. wegen Vortäuschung einer Straftat und es ist auch die Frage, wer die Suchaktion nach ihm zahlt.
Allein für Minderjährige gehen bei der Polizei in Deutschland jährlich 100 000 Vermisstenanzeigen ein - nur 1700 Kinder und Jugendliche gelten aber als vermisst. "Das Missverhältnis entsteht dadurch, dass sich etwa 98 Prozent der Fälle innerhalb von Stunden und Tagen erledigen", sagt Bundeskriminalamts-Sprecherin Anke Spriestersbach.
Wenn Minderjährige vermisst werden, ermittelt die Polizei immer. Ist das Fernbleiben für die Person dann auch noch völlig ungewöhnlich, geht die Suche sofort los. Eine Wartefrist von 24 Stunden, wie es oft heißt, gibt es nicht.
Höher sind die Anforderungen, wenn der Vermisste bereits 18 ist. "Dann hat jeder ein freies Aufenthaltsbestimmungsrecht. Daher können wir nur ermitteln, wenn eine Straftat vermutet wird oder eine Gefahr für die Person vorliegt", sagt Peter Spiertz, Sprecher der Mönchengladbacher Polizei.
Das ist etwa der Fall, wenn ein Vermisster ohne seine dringend benötigten Medikamente unterwegs oder schwer krank ist. Wurde jedoch Kleidung mitgenommen oder eine Menge Geld abgehoben, deutet vieles darauf hin, dass jemand aus seinem Leben ausbrechen will. "Dann können wir nicht nach der Person suchen", sagt Spiertz.
Schwierig sind Situationen wie im Fall von Deborah B. aus dem Kreis Viersen. Die 19-Jährige war am 28. September von zu Hause ausgerissen, um ein neues Leben zu beginnen. Sie meldete sich zwar am Donnerstag bei der Polizei, will aber nicht, dass ihre Eltern wissen, wo sie ist. "Das zu vermitteln ist zwar schwierig, aber hier können wir den Eltern nur sagen, dass es ihrer Tochter gut geht - mehr nicht", sagt der Ermittler.
Fälle wie diesen kennt Spiertz gut. Doch nur wenige sind so ungewöhnlich wie der der Gladbacherin, die vor 20 Jahren vom Zigarettenholen nicht zurückkehrte. "Sie hat sich kürzlich aus Paris gemeldet und gesagt, dass sie ein neues glückliches Leben führt." Mit behördlichen Konsequenzen muss sie genauso wenig rechnen wie Deborah B. "Ihnen wird weder die Suche in Rechnung gestellt, noch liegt eine Straftat vor."
Spiertz glaubt, dass die meisten, die aus ihrem Lebensumfeld ausbrechen, gar nicht ahnen, welch große und teure Polizei-Aktion sie damit auslösen.
Die Polizei kann eine Suchaktion daher auch nur in Rechnung stellen, wenn sie provoziert wurde. "Wer etwa aus Spaß einen Zettel hinterlässt, dass er entführt wurde, muss zahlen", sagt Spiertz. Dass können dann schnell über 10 000 Euro sein.