Volkskrankheit Depression: Jeder Fünfte leidet daran
Stress am Arbeitsplatz gilt als Risikofaktor. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Düsseldorf. Der Freitod von Fußball-Nationaltorhüter Robert Enke hat ein Schlaglicht auf eine Krankheit geworfen, die zwar weit verbreitet ist, aber häufig noch ein Tabu-Thema darstellt - Depressionen. Nach Studien der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) leidet fast jeder fünfte Bundesbürger mindestens einmal an einer Depression, Frauen doppelt so häufig wie Männer.
Durch die große Verbreitung der Krankheit wird sie sogar auch immer mehr zum negativen Wirtschaftsfaktor. "Die Entwicklung der psychischen Krankheiten ist in den vergangenen Jahren alarmierend gestiegen", sagt Frank Meiners, Psychologe und Sprecher der DAK.
Eine Analyse der Krankschreibungen von 2,5 Millionen DAK-Versicherten ergab, dass psychische Erkrankungen bereits die viertgrößte Krankheitsart darstellen: 10,6 Prozent aller Krankmeldungen im Jahr 2008 sind auf Depressionen und Angstzustände zurückzuführen. Dies bedeutetet eine Steigerung von mehr als 60 Prozent gegenüber 1998. Damals lag der Krankenstand bei 6,6 Prozent.
"Insbesondere chronischer Stress in der modernen Arbeitswelt ist ein ernsthafter Risikofaktor für seelische Krankheiten", sagt Meiner. Doch Stress ist nicht der einzige Auslösefaktor. Die Ursachen depressiver Erkrankungen sind komplex und erst teilweise erforscht. Wissenschaftler gehen von einem Zusammenwirken mehrerer Ursachen aus: sowohl biologische Faktoren als auch entwicklungsgeschichtliche Erfahrungen und aktuelle Ereignisse spielen eine Rolle.
Bei rund der Hälfte der Erkrankten bessern sich die Beschwerden nach einigen Monaten. Doch ein Viertel der Betroffenen erkrankt innerhalb eines Jahres erneut, innerhalb von zehn Jahren sogar 75 Prozent. Nach Erfahrungen von Psychologen verläuft jede fünfte depressive Erkrankung chronisch, und etwa jeder Siebte dieser Patienten begeht Suizid.
"Alle 45 Minuten bringt sich auf der Welt ein Mensch um - überwiegend Depressive", sagt Psychologin Luise Bachmann. "Es sterben weltweit mehr Menschen durch einen Suizid als an Krebs."