Vorstoß für eine Klima-UN

Alle Staaten der EU unterstützen Chiracs Initiative. Aber China und USA sind skeptisch. Bush lehnt die Schaffung einer UN-Behörde ab.

Paris/Washington. Nach der dringlichen Warnung vor einer Klimakatastrophe des UN-Klimaberichts wollen jetzt 46 Staaten für eine schlagkräftige Umweltorganisation der Vereinten Nationen kämpfen. Praktisch alle Staaten Europas und des Maghrebs, aber auch Chile, Ecuador und Kambodscha schlossen sich zum Abschluss der Internationalen Umweltkonferenz am Samstag in Paris dieser Initiative des französischen Präsidenten Jacques Chirac an. Schon 2002 hatte Chirac dies mit den Worten gefordert: "Das Haus brennt und wir schauen zu."

Die neue Union gegen den Klimawandel will Skeptiker wie die Vereinigten Staaten, Russland, China und Indien überzeugen, die Eingriffe in die Freiheit der Wirtschaft fürchten.

Die "Pioniergruppe" der 46 Staaten will sich erstmals im Frühjahr in Marokko treffen. Anfang 2008 soll der Entwurf für ein Statut der Umweltorganisation "nach dem Vorbild der Weltgesundheitsorganisation WHO" der UN-Vollversammlung vorgelegt werden. Sie soll mit ihren Analyse- und Entscheidungsbefugnissen weit mehr Kompetenzen erhalten als das 1972 geschaffene UN-Umweltprogramm. Dabei soll sie "ökologische Schäden bewerten, die umweltfreundlichsten Technologien fördern" und aktive Umweltpolitik durchsetzen.

Obwohl US-Präsident George W. Bush den UN-Klimabericht am Wochenende ausdrücklich begrüßte und versprach, dass die Vereinigen Staaten verstärkt in alternative Energieformen investieren werden, wird sich nach Ansicht von Experten unterm Strich wenig ändern. Die Schaffung einer neuen UN-Behörde lehnt die Bush-Regierung deswegen ab, weil diese eventuell strikte Richtlinien für den CO2-Ausstoß festlegen könnte - aus Sicht des Weißen Hauses eine unzumutbare Belastung für die amerikanische Industrie, die zu den weltgrößten Verschmutzern zählt.

Befürchtet werden insbesondere Obergrenzen für den maximalen Spritverbrauch bei Autos. Dies könne die großen Autohersteller zwingen, ihre Produktion neu auszurichten und würde sich negativ auf den Export auswirken.

Berlin (dpa). Im Streit zwischen der Bundesregierung und Brüssel über die Klimaschutzvorgaben für die deutsche Industrie will EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nicht nachgeben. Die Kommission habe bei ihrer Vorgabe für den maximalen Kohlendioxid-Ausstoß "für Deutschland dieselbe Berechnungsgrundlage wie für andere Mitgliedstaaten" angewandt, sagte Barroso der Wochenzeitung des Bundestags "Das Parlament". Barroso: "Wir können unsere Kriterien nicht einfach auf die individuellen Wünsche einzelner Mitgliedstaaten zuschneiden. Das wäre unangemessen und unfair."

In dem Streit geht es um die Obergrenze für den Kohlendioxid-Ausstoß von Industrie und Energiewirtschaft für die Zeit zwischen 2008 und 2012. Brüssel will in Deutschland lediglich 453 Millionen Tonnen pro Jahr zulassen, die Bundesregierung will aber keinen Wert unter 467 Millionen Tonnen akzeptieren. dpa