Analyse: Der Fall Brender und der Einfluss der Politik

In einem offenen Brief geben 35 Staatsrechtler dem ZDF-Chefredakteur Rückendeckung.

Mainz. Wenige Tage vor der Entscheidung nimmt die "causa Brender" auf der Zielgeraden noch einmal Fahrt auf. Namhafte Staatsrechtler, 35 an der Zahl, stärken dem im rechten Lager der Politik ungeliebten ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender in einem offenen Brief den Rücken.

Anlass für den Appell war der Vorstoß konservativer Politiker um Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), Brenders Vertrag wegen sinkender Quoten und auch wegen seines Führungsstils nicht zu verlängern.

Am Freitag soll es zur Personalie Brender eine Entscheidung geben, denn dann tagt der ZDF-Verwaltungsrat in Berlin. Das Gremium soll laut ZDF-Statuten "im Einvernehmen mit dem Intendanten" den Chefredakteur benennen - in diesem Fall die Vertragsverlängerung beschließen.

Neun von 14 Mitgliedern des Verwaltungsrats müssen für den 60-jährigen Brender stimmen. Die Mehrheit der 14 - wie etwa der Vize-Vorsitzende Koch - jedoch wird dem rechten politischen Lager zugeordnet, eine Minderheit dem linken - wie der Vorsitzende Kurt Beck (SPD). Brender selbst ist parteilos, gilt in der öffentlich-rechtlichen Farbenlehre als links.

Das ZDF hält sich bedeckt, man verfolge das Geschehen aber "mit Interesse", wie es hieß. Brender, der seit April 2000 Chefredakteur ist, gilt als Wunschkandidat von ZDF-Intendant Markus Schächter. "Ich werde weiterhin für die Verlängerung Brenders werben und dem Verwaltungsrat einen entsprechenden Vorschlag machen", hatte der Senderchef noch im Oktober gesagt.

Koch hatte in Zusammenhang mit Brender von "bitteren Zahlen" im Bezug auf Einschaltquoten aktueller Nachrichtensendungen während dessen Amtszeit gesprochen. In der Debatte gehe es nicht um "politische oder gar parteipolitische" Fragen.

Für den Justiziar des Norddeutschen Rundfunks, Werner Hahn, geht es in dem Streit um den "staatsvertraglich verankerten Zugriff der Länder auf den öffentlich-rechtlichen Sender". "Wie bei keiner anderen Rundfunkanstalt haben sie es beim ZDF verstanden, ihre Machtinteressen in Paragrafen zu gießen", sagt er.

Es könne daher kaum darauf gehofft werden, dass der Rundfunkstaatsvertrag geändert wird und der Einfluss der Länderregierungen schwindet. Eine Klage beim Bundesverfassungsgericht sieht Hahn ebenfalls als wenig wahrscheinlich an.