Analyse: Ein Gesundheitssystem für alle Amerikaner

Die staatliche Versicherungspflicht soll auch Arbeitslose und Selbstständige einschließen.

Washington. Es ist eine Sozialreform der Superlative: Mehr als 45 Millionen Amerikaner, die ihre Arztrechnungen bisher selbst bezahlen mussten, sollen eine staatliche Sicherung erhalten.

Präsident Barack Obama warnt jedoch vor frühem Jubel: Schließlich könnte der US-Senat, der eigene Änderungswünsche formulieren wird, die Reform noch deutlich abschwächen.

Neben den Kriegen im Irak und Afghanistan sowie der Überwindung der Wirtschaftskrise hatte Obama die Gesundheitsreform zu seiner wichtigsten politischen Priorität erklärt.

Über die preiswerten staatlichen Programme Medicaid und Medicare können sich lediglich ärmere Menschen sowie Rentner versichern. Alle anderen Amerikaner müssen sich entweder an den Arbeitgeber wenden oder die jedes Jahr steigenden Prämien aus der eigenen Tasche bestreiten.

Dass jeder achte US-Bürger ohne Versicherung dasteht und viele andere durch die Zahlung ihrer Krankenversicherung in finanzielle Schwierigkeiten geraten, die Gesundheitsversorgung in Amerika aber trotzdem teurer ist als in jeder anderen Industrienation, bezeichnete Obama nach seinem Amtsantritt als "untragbaren Zustand", dem er um jeden Preis Abhilfe schaffen wolle.

Im Mittelpunkt des neuen Gesetzes steht eine staatliche Pflichtversicherung, die als billigere Alternative zur Privat-Versicherung angeboten werden soll.

An einer "Versicherungsbörse" sollen sich Kunden das beste Produkt zum günstigsten Preis aussuchen können. Firmen wären dadurch gezwungen, ihren Mitarbeitern Gruppenverträge anzubieten. Wer beruflich selbstständig oder arbeitslos ist, soll trotzdem verpflichtet werden, eine Versicherung abzuschließen.

Sowohl Arbeitgebern als auch Einzelhaushalten, die sich nicht versichern, sollen Geldstrafen auferlegt werden. Wer zu arm ist, um die Prämie für sich und seine Familie zu zahlen, soll hierfür staatliche Zuschüsse erhalten.

Die historische Reform bleibt allerdings hochumstritten. Gegner behaupten, dass gerade in einer Ära steigender Staatsdefizite das Gesetz, das während der nächsten 10 Jahre 1,2 Billionen Dollar kosten soll, schlichtweg unerschwinglich sei. Auch müssten viele private Versicherungskonzerne ums Überleben bangen, da sie außer Stande seien, mit der deutlich billigeren staatlichen Pflichtversicherung zu konkurrieren.