Analyse: Haushaltslöcher lassen FDP unbeeindruckt

Seit Monaten zögert die Regierung mit Verweis auf die Steuerschätzung. Jetzt ist sie da.

Berlin. Es ist wohl die Zahl, die am meisten alarmiert: Erst im Jahr 2013 werden die Steuereinnahmen so kräftig sprudeln wie im Vor-Krisenjahr 2008. Und dies hänge, so Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Donnerstag bei der Präsentation der Steuerschätzung für die nächsten vier Jahre, auch davon ab, dass sich die konjunkturelle Erholung "nach zögerlichem Jahresauftakt" fortsetzen werde.

Dazu baue man in diesem Jahr vor allem auf außenwirtschaftliche Impulse, die im kommenden Jahr durch die Hoffnung auf eine steigende Binnennachfrage gestärkt werden.

Nicht einrechnen konnten die Steuerexperten die Auswirkungen der Griechenland-Krise und die Frage, wie lange sich das niedrige Rekord-Zinsniveau halten kann, zu dem sich Bund und Länder auf den Finanzmärkten verschulden können.

Schäuble betonte bei seiner Präsentation der Schätzung, dass er mit dem 38,9-Milliarden-Loch in etwa gerechnet habe. Die Schätzer gehen davon aus, dass sich in diesem Jahr die Einnahmeverluste mit 1,2 Milliarden noch in Grenzen halten. 2011 werden es jedoch schon 11,7 Milliarden sein, im Jahr 2012 über 12,3Milliarden.

Für 2013 wird sogar mit einem Rückgang von 13,7Milliarden Euro gerechnet. Drei Tage vor den NRW-Landtagswahlen lebt damit der Streit zwischen Union und FDP über die Möglichkeiten von Steuersenkungen wieder auf.

Schäuble wich auf Nachfragen aus; er wolle das nicht ausschließen, verwies aber mehrfach darauf, dass der Finanzminister entsprechenden Koalitionsbeschlüssen seinen politischen Segen geben muss. Unausgesprochen lag darin der Hinweis auf die Veto-Möglichkeit des Haushaltschefs, der mehrfach auf die Notwendigkeit der Einhaltung der nationalen Schuldenbremse und der EU-weiten Schuldengrenze hinwies. Es müssten alle Ausgaben hinterfragt werden. Im Vordergrund könne erst einmal die Vereinfachung des Steuersystems stehen.

Die FDP hält dagegen grundsätzlich an den Bürgerentlastungsplänen fest. Nach Einschätzung des FDP-Haushaltsexperten Otto Fricke "hat der Staat kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem." Das Steuereinkommen in Deutschland, so die Interpretation des Liberalen, "sinkt nicht, sondern steigt nur weniger stark".

Der frühere Vorsitzende des Haushaltsausschusses zementierte die Position der Liberalen: "Wir müssen über Steuersenkungen Wachstumsimpulse setzen" Außerdem müsse es mehr Ausgabendisziplin geben. In dasselbe Horn blies auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Die FDP erwartet, dass sich der Koalitionspartner nach der Steuerschätzung vorbehaltlos hinter der Idee von Senkungen stelle.