Analyse: Jahre lang gepflegt–und beim Erbe übergangen
Neues Gesetz bringt nur leichte Korrekturen einer oft unbefriedigenden Rechtslage.
Düsseldorf. Ein Verwandter pflegt seinen Angehörigen mehrere Jahre - bis zu dessen Tod. Der Verstorbene hat aber versäumt sicherzustellen, dass dies honoriert wird. Folge: Der pflegende Angehörige steht beim Verteilen des Erbes nicht besser als die anderen Erben. Möglicherweise bekommt er sogar überhaupt nichts - wenn andere ihm in der Erbfolge vorgehen. Ein neues Gesetz soll hier für etwas mehr Gerechtigkeit sorgen.
Schon bisher bekommen Abkömmlinge, also Kinder oder (Ur-) Enkel, die die Pflege ihrer Eltern oder Großeltern übernahmen, diese Leistung vor Verteilung des übrigen Erbes honoriert. Dabei gilt aber: Eine entsprechende Bezahlung gibt es nur für solche Kinder oder Enkel, die für die Pflege auf ein Einkommen verzichtet haben. Nichts bekommen bislang diejenigen, die die Pflege etwa neben der Arbeit als Hausfrau oder Hausmann erledigten. Nach der gesetzlichen Neuregelung ist der Anspruch nun unabhängig davon, ob auf berufliches Einkommen verzichtet wurde.
Wie bisher wird es einen Ausgleichsanspruch aber nur für Abkömmlinge geben. So geht zum Beispiel die ihren Bruder pflegende Schwester leer aus - anders als es im Gesetzgebungsverfahren zunächst geplant war.
Das kann zu großen Ungerechtigkeiten führen. Darum empfiehlt Franz Große-Wilde, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Erbrechtskunde, eine Vereinbarung zu treffen. "Das ist ein Arbeitsvertrag, in dem die Entlohnung festgelegt, die Zahlung aber bis nach dem Tod des zu Pflegenden aufgeschoben wird." Das heißt: Ausgezahlt wird nach dem Tod - auf Kosten der übrigen Erben. "Hier kann zum Beispiel ein monatlicher Betrag festgelegt werden", empfiehlt der Bonner Rechtsanwalt.
Große-Wilde hält es für ratsam, über solche Vereinbarungen auch die anderen Angehörigen zu informieren, weil deren Erbteil ja geschmälert wird und dies später leicht zu Streit führen kann. Dabei werde den Betroffenen auch vor Augen geführt, dass sie selbst von der "oft sehr undankbaren Aufgabe der Pflege befreit sind und dass es nur gerecht ist, dass der Pflegende dafür entlohnt wird".