Der lange Schatten des Jürgen Möllemann

Der FDP-Spitzenpolitiker stürzte seine Partei 2002 in eine schwere Krise. Die finanzielle Bewältigung belastet sie noch heute.

Düsseldorf. Jürgen Möllemann war umstritten. Der Politiker polarisierte und provozierte. Unumstritten galt er aber als politisches Stehaufmännchen: als ein Mann, dessen Karriere sich zwischen extremen Höhen und Tiefen bewegte, der sich auch aus ausweglos scheinenden Situationen befreien konnte, um wie Phoenix aus der Asche aufzuerstehen. Bis er 2002 überzog: Mit dem Spendenskandal stürzte er seine Partei in eine schwere Krise, die sie jetzt - mitten in einem Superwahljahr - wieder einholt.

Mehrere Jahre dauerte die Prüfung des Bundestags. Am Donnerstag nun ließ Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Katze aus dem Sack: Mit 4,3 Millionen Euro ist die Strafzahlung deutlich höher, als von der NRW-FDP befürchtet. Sie hatte mit 2,6 Millionen Euro gerechnet.

FDP-Bundesschatzmeister Hermann Otto Solms erklärte am Donnerstag bereits, dass die Kampagnefähigkeit der Partei im Bundestagswahlkampf nicht gefährdet sei. Doch die Strafe trifft den Landesverband hart.

Der hatte nach Angaben von Landesschatzmeister Paul Friedhoff bereits 874 000 Euro beim Bundestagspräsidenten hinterlegt und weitere 1,7 Millionen Euro an Rückstellungen geschaffen. Für Anwaltskosten, Gerichtsgebühren oder die Arbeit von Wirtschaftsprüfern wurden im Zuge der Aufarbeitung der Affäre zudem fast eine Million Euro ausgegeben.

Möllemann hatte über knapp sechs Jahre Geld Euro aus dubiosen Quellen gesammelt und zur illegalen Parteifinanzierung eingesetzt. Unter anderem soll er rund 700 000 Euro gestückelt und unter falschen Namen in die Geldkreisläufe der Partei gelenkt haben, um Großspenden zu tarnen.

Das Ganze flog auf, als der damalige Vorsitzende der NRW-FDP im Bundestagswahlkampf 2002 in Millionenauflage ein Flugblatt verteilen ließ, in dem er scharf den damaligen israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon und den früheren Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, attackierte - und sich damit dem Vorwurf des Antisemitismus aussetzte. Der vorher geniale Wahlkämpfer, der Erfinder des Projekts18, wurde zum Alptraum der FDP. Möllemann verlor den Rückhalt in der Partei; einem Ausschluss kam er mit dem Parteiaustritt zuvor.

Am 5. Juni 2003 dann überschlugen sich die Ereignisse. Als im Zuge der Affäre eine internationale Razzia stattfand, um die Herkunft des Geldes zu klären, bestieg der passionierte Fallschirmspringer in Marl-Loemühle ein Flugzeug und stürzte in den Tod. Die genauen Todesumstände blieben ungeklärt - die Staatsanwaltschaft schloss einen Freitod nicht aus, konnte ihn aber auch nicht sicher nachweisen.

Mit dem Tod Möllemanns wurden die Akten geschlossen. Woher das angebliche Spendengeld stammte, ist bis heute unklar.