Analyse: Lässt sich der Geldhahn für die NPD zudrehen?
Ein Gutachten zeigt den Weg auf, der Partei die staatliche Unterstützung zu entziehen.
Düsseldorf. Die NPD zu verbieten, ist schwierig. Schon 2003 misslang ein solcher Vorstoß. Einen anderen Weg bringt Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) ins Spiel. Man solle der Partei die staatlichen Hilfen entziehen. Sein Argument: Eine Demokratie dürfe nicht diejenigen alimentieren, die offen deren Abschaffung betreiben. Schünemann stützt sich auf ein Gutachten des Staatsrechtlers Volker Epping. Der Professor von der Leibniz Universität Hannover schlug 2008 vor, dem Bundestagspräsidenten ein Recht zur Entscheidung über den Entzug der Parteienfinanzierung einzuräumen. Möglich sei dies aber nur über eine Grundgesetzänderung. Das bedürfe der Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat.
Doch geht das überhaupt? Schließlich würde dadurch die Chancengleichheit der Parteien beeinträchtigt. Obwohl eine Partei nicht verboten wäre, würde sie dennoch — anders als ihre Konkurrenten — von den finanziellen Mitteln abgeschnitten. Ihre Chancen in der Wählerwerbung würden vermindert. Würde ein solches Vorhaben nicht spätestens vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern?
Nicht, wenn es eine gute Begründung für eine derartige Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Parteien gibt. Und die sieht Epping durchaus. „Zum Wesen der bundesdeutschen Demokratie gehört es, dass sie — anders als die Weimarer Demokratie — ihren Gegnern nicht die Hand zu ihrer Überwindung reicht.“ Konkrete verfassungsfeindliche Bestrebungen seien ein hinreichender Anlass für eine „partielle Modifizierung des Grundsatzes der Chancengleichheit“.
Aber würde damit nicht das Entscheidungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts untergraben? Nur die höchsten Richter, nicht aber die politischen Wettbewerber einer Partei sind dafür zuständig, über das Verbot einer Partei zu entscheiden. Epping argumentiert, es gehe ja gerade nicht um ein Parteiverbot, sondern eben nur um das „mildere Mittel“ des Ausschlusses von der Parteienfinanzierung. Allerdings könnte der Wegfall der staatlichen Hilfe die Partei in die Pleite führen. Was faktisch einem Verbot gleichkäme.
Zumal dann, wenn ein weiterer Vorschlag von Epping umgesetzt würde: nämlich die steuerrechtlichen Begünstigungen (insbesondere bei Spenden) zu streichen. Auf politischer Ebene, und damit durch die Konkurrenz der missliebigen Partei, würde so das Parteiverbot faktisch eingeleitet, zu dem rechtlich nur das Bundesverfassungsgericht befugt ist.
Solche Argumente lassen die Politik zögern, sich dem Vorstoß von Minister Schünemann anzuschließen. Mag sein, dass der Plan dennoch vor dem aktuellen Hintergrund neue Freunde gewinnt.