Analyse: Pflegebedürftige - Zahl steigt dramatisch an

Auch die Zahl der Menschen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, wird steigen.

Wiesbaden. Die Menschen in Deutschland werden immer älter - und es wird immer mehr Pflegebedürftige geben. Bis 2030 soll ihre Zahl um mehr als 50 Prozent steigen, ergaben Modellrechnungen des Statistischen Bundesamtes. Angesichts des demografischen Wandels sei davon auszugehen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland von 2,2 Millionen Menschen im Jahr 2007 auf 2,9 Millionen im Jahr 2020 und etwa 3,4 Millionen Menschen im Jahr 2030 ansteigt.

Die steigende Zahl Pflegebedürftiger erfordert nach Ansicht des Geschäftsführers des Deutschen Pflegeverbands, Rolf Höfert, bis 2020 mindestens 300000zusätzliche Fachkräfte in der Pflege. Diese könnten auch aus Indien und China stammen. Pflegekräfte aus Ländern wie der Ukraine oder Polen würden aufgrund deren eigener demografischer Entwicklung immer weniger zur Verfügung stehen, sagt Professor Ralf Ulrich, Direktor des Instituts für Bevölkerungs- und Gesundheitsforschung an der Uni Bielefeld.

Eine andere Konsequenz aus diesen Zahlen zieht NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne). Sie fordert die Kommunen auf, "mit uns gemeinsam mit dem altengerechten Umbau von Stadtquartieren zu beginnen, damit ältere Menschen, auch wenn sie pflegebedürftig werden, so lange wie möglich in ihrem eigenen Umfeld leben können".

Mit der wachsenden Zahl der Pflegebedürftigen geht auch eine Steigerung der Krankenhausbehandlungen einher. Hier rechnet das Statistische Bundesamt mit zehn Prozent mehr Krankenhauspatienten bis 2030 im Vergleich zu heute. Vor allem die Zahl von typisch altersbedingten Erkrankungen wie Herz-/Kreislauf- oder Krebserkrankungen dürfte stark zunehmen.

Wie die Krankenhäuser auf diese Entwicklung reagieren - ob beispielsweise mit mehr Personal und veränderter Ausstattung - kann Lothar Kratz, Sprecher der Krankenhausgesellschaft NRW, noch nicht sagen. "Wir stoßen aber schon jetzt in vielen Bereichen an unsere Grenzen", sagt Kratz. Seiner Einschätzung nach bedarf es für diese Herausforderung einer gesamtgesellschaftlichen Lösung, bei der alle Beteiligten wie Politik, Pflegeverbände, Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte an einen Tisch kommen müssen. Ohne ein zusätzliches Extrabudget von Bund und Land werde es für die Krankenhäuser schwierig, sagt Kratz.

Dass die Zahl der pflegebedürftigen Menschen rasch steigt, zeigen auch die Zahlen aus Nordrhein-Westfalen: Waren es 2007 noch 484 801 Menschen, die pflegebedürftig waren, dürfte ihr Anteil in diesem Jahr nach Schätzungen des NRW-Gesundheitsministeriums bei 532 000 liegen.