Es könne aber nicht darum gehen, dass die Patienten pauschal Ärger oder Zufriedenheit äußerten, sagte die Sprecherin der Barmer Ersatzkasse, Susanne Rüsberg-Uhrig dem Berliner "Tagesspiegel" (Sonntag). Ärztevertreter kritisierten den AOK-Plan als unseriös und warnten vor einem Ärzte-TÜV und einem "digitalen Ärztepranger".
Der Vize-Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, Jürgen Graalmann, hatte am Freitag angekündigt, dass die Allgemeine Ortskrankenkassen ihre 25 Millionen Versicherten zur Bewertung ihrer Ärzte im Internet aufrufen wollen. Das Portal "AOK-Arzt-Navigator" solle im Lauf des Jahres starten und ziele auf Verbesserungen der Behandlungsqualität ab. Die Bewertungs-Kriterien würden mit Medizinern entwickelt.
Barmer-Sprecherin Rüsberg-Uhrig sagte, das Echo auf den eigenen Krankenhausnavigator im Netz zeige, "dass der Bedarf durchaus da ist". Sie schränkte aber ein: "Nur wenn Ärzte und Wissenschaftler einen Kriterienkatalog entwerfen, kann das ein sinnvolles Instrument sein." Die Sprecherin der Techniker Krankenkasse (TK), Dorothee Meusch, verwies im "Tagesspiegel" auf eigene Erfahrungen mit Patientenbefragungen, die seit einiger Zeit in den Krankenhausführer der Kasse einfließen. "Wir werden das, was die AOK tut, mit Interesse verfolgen. Die Patientenperspektive in die Qualitätssicherung einzubeziehen, halten wir für sinnvoll", sagte sie. Florian Lanz, der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, der Vertretung der gesetzlichen Krankenkassen, wollte sich zwar nicht konkret zum AOK-Modell äußern. "Wir begrüßen aber alles, was zu mehr Transparenz und besserer Versorgung führt", sagte er der Zeitung.
Der Vorstandschef der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Jürgen Fedderwitz, warnte dagegen in der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag), solche Bewertungsportale seien erfahrungsgemäß extrem missbrauchsanfällig. "Da muss die AOK aufpassen, dass sie kein populistisches System mit Hitparadencharakter aufbaut." Über gute Medizin könne man nicht einfach abstimmen wie bei "Deutschland sucht den Superstar".
Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, kritisierte in der "Berliner Zeitung" (Samstag): "Es ist unseriös, anonyme Fragebögen als Grundlage für Rankings zu nutzen." Wenn die AOK tatsächlich mit einer eigenen Plattform diesen Weg beschreiten sollte, erweise sie den berechtigten Ansprüchen ihrer Mitglieder auf qualitätsgesicherte Information einen Bärendienst. Der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Roland Stahl, warnte in den "Stuttgarter Nachrichten" und der "Kölnischen Rundschau" (Samstag) vor einem "digitalen Ärztepranger".
Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel (SPD), nahm das AOK-Vorhaben positiv auf. Patienten seien oft bei der Suche nach den richtigen Ärzten und Spezialisten überfordert. Ein Arzt-Navigator wie von der AOK geplant könne eine Orientierung bieten, sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Wichtig sei aber, dass die Bewertung wissenschaftlich fundiert und seriös sei. "Ich will nicht, dass Patienten Ärzte öffentlich diskriminieren können", sagte sie der "Berliner Zeitung".