Analyse: Palästinenser beenden den Bruderkrieg
Die bisher verfeindeten Gruppen Fatah und Hamas beschließen eine Aussöhnung.
Tel Aviv. Die tiefe innere Spaltung des palästinensischen Volkes galt bisher als das vielleicht größte Hindernis auf dem Weg zum eigenen Staat. Diesen Stolperstein haben die lange verfeindeten Palästinenserorganisationen Fatah und Hamas nun mit einem grundsätzlichen Versöhnungsabkommen möglicherweise aus dem Weg geräumt.
Die große Frage bleibt allerdings, wie erfolgreich die beiden größten Fraktionen bei der Umsetzung ihres Vertrags sein werden. Nach jahrelangem erbitterten Bruderkrieg sitzt das Misstrauen auf beiden Seiten tief.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu reagierte zudem sofort äußerst negativ auf die innerpalästinensische Versöhnung und setzte der Autonomiebehörde verbal die Pistole auf die Brust: Sie müsse zwischen einem Frieden mit Israel und der Hamas wählen — beides gehe nicht. „Israel muss zwischen Frieden und Siedlungen wählen“, konterte der Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas daraufhin.
Nach jahrelangen erfolglosen Vermittlungsbemühungen Ägyptens zwischen den zerstrittenen Gruppierungen kamen die Meldungen über die Unterzeichnung eines Versöhnungsabkommens am Mittwoch Abend völlig überraschend.
Es gab zwar in den letzten Wochen kleine Anzeichen für eine vorsichtige Annäherung zwischen Fatah und Hamas, wie etwa die Einladung von Hamas-Führer Ismail Hanija an Abbas, den Gazastreifen zu besuchen. Nahost-Skeptiker hielten eine Versöhnung der verfeindeten Organisationen dennoch für sehr unwahrscheinlich.
Der überraschende Schulterschluss zwischen den palästinensischen Brüdern setzt nun vor allem Israel erheblich unter Druck.
Der blutige Bruderkrieg unter den Palästinensern hatte dem jüdischen Staat bislang klar in die Hände gespielt und die Bemühungen um einen Palästinenserstaat stark behindert. Im September wollen die Palästinenser mit Unterstützung der Vereinten Nationen ihren eigenen Staat in den Grenzen von 1967 gründen, das heißt, im Westjordanland und Gazastreifen mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Die neugewonnene palästinensische Einheit könnte dafür den Nährboden bilden.