Vatikan: Seligsprechung im Rekordtempo
Sechs Jahre nach seinem Tod erreicht Papst Johannes Paul II. am Sonntag die Vorstufe zum katholischen Heiligen.
Rom. „Santo subito“ — „sofort heilig“ — die Rufe der Hunderttausenden Pilger, die im April 2005 zur Beerdigung von Papst Johannes Paul II. nach Rom strömten, waren eindeutig. So schnell wie möglich sollte der Ausnahme-Papst zum Heiligen werden. Der Vatikan erhörte die Forderungen — zumindest teilweise. Nur sechs Jahre nach seinem Tod wird der Pontifex am Sonntag seliggesprochen. Und erreicht damit im Rekordtempo die Vorstufe zum Heiligen.
Der Vatikan wählte für die Seligsprechung ein beschleunigtes Verfahren. Denn in der Regel braucht es bis zu einer Entscheidung Jahrzehnte. Ausschlaggebend war eine Wunderheilung, die Johannes Paul II. zugeschrieben wird. Die Ordensschwester Marie Simon-Pierre aus dem südfranzösischen Aix-en-Provence will von einer Parkinson-Erkrankung geheilt worden sein, nachdem sie zum verstorbenen Papst gebetet hatte. Die Kirche bestätigte das Wunder — der Weg für die Seligsprechung war frei.
Die Vorbereitungen für den großen Tag in Rom zeigen, dass die Verehrung des polnischen Papstes ungebrochen ist. Die italienische Hauptstadt rüstet sich für einen Riesenansturm. Mehr als 300 000 Pilger werden in der Ewigen Stadt erwartet.
Johannes Paul II. hatte durch seine lange Amtszeit (1978-2005), sein Charisma und sein politisches Engagement für den Wandel in Polen und dem Rest des kommunistischen Ostblocks tiefe Spuren hinterlassen. Besonders beliebt war er bei jungen Menschen. Seine vielen Reisen brachten ihm den Spitznamen „Eiliger Vater“ ein.
Geboren wurde er 1920 als Karol Wojtyla nahe Krakau. 1958 wurde er Weihbischof von Krakau, 1967 berief ihn Papst Paul VI. zum Kardinal — er wurde damit zum Mitglied des Konklaves, aus dessen Reihen ein neuer Pontifex gewählt wird. Bei seiner Wahl 1978 war er nicht nur der erste nicht-italienische Papst seit 450 Jahren, sondern auch der erste Pole in diesem Amt.
Die Feierlichkeiten zu seiner Seligsprechung beginnen bereits am Samstagabend mit einer mehrstündigen Gedenkwache im Circus Maximus in Rom. Sein Sarg wird von der Grotte des Petersdoms in die Kathedrale verlegt — wo der Papst künftig in einer Kapelle seine letzte Ruhe finden wird. Die Seligsprechung auf dem Petersplatz wird sein enger Vertrauter und Nachfolger, Papst Benedikt XVI., leiten. Natürlich mit dabei: Schwester Marie Simon-Pierre. wib/Red