Berlusconi — vom Volk verlassen
Die Niederlage beim Referendum über Atomkraft ist ein Tiefschlag für den Regierungschef.
Rom. Italien ist erwacht. Mit einer außergewöhnlichen Stimmenlawine fegten die Wähler vier Gesetze ihres Regierungschefs Silvio Berlusconi einfach vom Tisch, nach einer einzigartigen Mobilisierung nicht zuletzt über das Internet.
Der skandalumwitterte Milliardär und Medienmann wirkt nach dieser schallenden Ohrfeige gehetzt. Sein Koalitionspartner Umberto Bossi von der Lega Nord setzt ihn massiv unter Druck. Seit einem Jahr redet man in Italien von Neuwahlen — kommen sie jetzt?
Nächtlicher Jubel vor allem junger Leute auf der Piazza und auf Facebook. Alles liegt sich in den Armen, was gegen den Wiedereinstieg in die Atomkraft war und gegen Berlusconi.
Und die römische Zeitung „La Repubblica“, mediale Anti-Berlusconi-Speerspitze, posaunt: „Die Zauberflöte ist zerbrochen, nach zwei Jahrzehnten weigern sich die Italiener, Berlusconis Musik zu folgen.“ Ungewollt erinnern diese Gegner des „Cavaliere“ damit allerdings auch daran, wie lange schon (und für Italien absolut unüblich) der bald 75-jährige Berlusconi mit geballter Finanz- und Medienmacht im Rücken die Politik beherrscht.
Manche spekulieren schon, der mit Berlusconi höchst unzufriedene Lega-Nord-Chef Umberto Bossi könnte spätestens im Herbst eine offene Koalitionskrise auslösen. Immerhin tönt es aus dem Norden Italiens, es reiche jetzt mit den Ohrfeigen.
Es trifft einen Mann, der bis vor kurzem siegessicher war und das in der Regel auch sein konnte. Der mit seiner Popularität prahlte und nonchalant meinte, er könne auch alles hinschmeißen und auf Weltreise gehen.