Cameron droht Randalierern
Bei einer Parlamentsdebatte knöpft sich die Opposition den Premier vor — der demonstriert Härte.
London. Zwei Nächte hat die britische Hauptstadt in Angst verbracht, während Premier David Cameron sich nur zögerlich von seinem Liegestuhl im Toskana-Urlaub trennen wollte.
Am Donnerstag nun galt es, bei einer Notsitzung im Parlament die richtige Balance zu finden zwischen demonstrativer Härte und einem profunden Verständnis der sozialen Unruhen. Wirklich gelungen ist ihm das nicht.
„Irrsinnig“ seien die Pläne für Gefängnisschließungen, „fragwürdig“ der Polizeieinsatz der letzten Tagen — auf Cameron prasselte gestern in einer zweistündigen Parlamentsdebatte eine Menge Kritik ein. Er gab sich reuig, aber nur ein bisschen. „Wir werden unsere Lektion lernen und solche Zustände in Zukunft verhindern“, versprach er.
Schlagstöcke und Wasserwerfer dürfen fortan eingesetzt werden. Doch viel mehr als ein hektisches Austreten des Brandes, der in den letzten Tagen in schockierenden Szenen durch englische Städte gewalzt ist, war die Notsitzung nicht. Um eine Ursachenforschung drückte sich der Tory-Chef.
1200 Randalierer sind seit Samstag festgenommen worden. Ihnen kündigte Cameron nun Gefängnisstrafen an. Danach müssen sie sich darauf gefasst machen, ohne Unterkunft auf der Straße zu stehen: „Wir erlauben den Kommunen, Krawallmachern die Sozialwohnung zu kündigen.“
Die überforderte Polizei nahm er unter den Hohngelächter der Opposition in Schutz: „Das, was wir hatten, haben wir mit maximalem Effekt eingesetzt.“ Erst eine Verdreifachung der Sicherheitskräfte auf 16 000 hatte die Ordnung in London wieder garantieren können — ebenso viele Jobs sollen nach Camerons Sparplänen jedoch bei der Polizei gestrichen werden.
Finanzieller Spielraum fehlt dem Premierminister in der Tat. Großbritannien hat durch die Bankenkrise ein Defizit von 195 Milliarden Euro aufgehäuft — mehr als Spanien oder Portugal. Dass die Märkte dem Land im Gegensatz zu anderen noch vertrauen, liegt allein an dem radikalen Sparprogramm der Konservativen. In nur fünf Jahren soll nach Camerons Vorstellungen der gesamte Staatshaushalt ausgeglichen sein.
Die junge Generation leidet darunter besonders: Weil Universitäten Mittel gestrichen wurden, erheben diese nun fast durchgängig Studiengebühren von 12 000 Euro pro Jahr. In Vierteln wie Tottenham, wo die Krawalle ausgebrochen sind, wurde die Jugendhilfe bereits massiv gekürzt.
Diesen Kurs will der Regierungschef nicht korrigieren. „Die Verantwortung für kriminelle Kinder liegt bei den Eltern“, betonte er gestern, „im Notfall müssen wir eben früher intervenieren.“ Nach einer Neueröffnung geschlossener Jugendclubs klingt das nicht.