Finanzkrise: Verstimmungen mit London
Beim Besuch des britischen Regierungschefs David Cameron in Berlin konnten Merkel und ihr Gast ihren Streit kaum überdecken.
Berlin. David Cameron lächelt einen Moment sadistisch in sein Mikrofon hinein. Das gönnt er der Gastgeberin richtig. Gerade hatte ein deutscher Journalist der Kanzlerin eine verfängliche Frage gestellt: Angela Merkel möge einmal darlegen, ob sie die Worte ihres Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder dem Gast von der Themse erklärt habe.
Auf dem CDU-Parteitag hatte der Unionspolitiker erklärt, in Brüssel werde jetzt wieder „deutsch gesprochen“. Vor allem die britischen Boulevard-Medien hatten daraufhin empört aufgeheult. Merkel reagiert auf die in Frageform gekleidete Aufforderung mit feiner Ironie. Ihr Englisch sei stark ausbaufähig. Thema beendet. Ein hervorragend deutsch sprechender britischer Journalist meint mit mildem Lächeln, das Ganze sei eben ein „Kauder-Welsch“.
Cameron ist auf Europa-Mission. Am Morgen hatte er Brüssel besucht. Der konservative Premier weiß um die durch die Krise gestärkte EU- und Euro-Skepsis in seinem Land. Deutsche Diplomaten berichten, dass der Einfluss der EU-Gegner innerhalb der oppositionellen Labour-Partei erheblich zunimmt, was den Druck auf den Regierungschef massiv erhöht. Und Cameron weiß, dass die Euro-Staaten stinksauer auf London sind, weil die Regierung die Durchsetzung einer europaweiten Finanz-Transaktionssteuer blockiert.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte, kurz bevor sich Merkel und Cameron am Mittag die Hand schüttelten, noch einmal die Notwendigkeit einer solchen Abgabe unterstrichen. Die britische Regierung lehnt dies aus Sorge um den Finanzplatz London ab.
Kauder hat allerdings mit einem anderen Satz die Stimmungslage Merkels und der anderen gegen die Euro-Krise kämpfenden Regierungen auf den Punkt gebracht: „Nur den eigenen Vorteil suchen zu wollen und nicht bereit zu sein, sich auch einzubringen — das kann nicht die Botschaft sein, die wir den Briten durchgehen lassen.“ Solche Verstimmungen werden bei der Pressekonferenz natürlich nicht offen ausgetragen. Merkel betont, dass „David und ich“ bei der gemeinsamen Lösung von Problemen „immer erfolgreich“ waren. Cameron gibt das Lob an die „liebe Angela“ zurück.