Gericht: Greenpeace-Aktivisten sollen ausreisen
Hamburg/St. Petersburg (dpa) - Russland soll nach einer Entscheidung des Internationalen Seegerichtshofs die Greenpeace-Aktivisten der „Arctic Sunrise“ ausreisen lassen.
Die Crew habe das Recht, samt ihrem Schiff Russland zu verlassen, sagte Gerichtspräsident Shunji Yanai am Freitag in Hamburg. Die russische Regierung teilte in einer ersten Reaktion mit, die Gerichtsentscheidung nicht anzuerkennen. Die Richter setzten zudem eine Kaution von 3,6 Millionen Euro fest, die von den Niederlanden in Russland zu hinterlegen sei. Die Maßnahmen seien bindend, erklärte der Richter. Greenpeace zeigte sich erfreut über den Richterspruch.
Das Tribunal sei nach Ansicht Moskaus nicht zuständig, teilte das Außenministerium mit. Russland habe 1997 das UN-Seerechtsübereinkommen nur teilweise ratifiziert und betont, keine Entscheidungen anzuerkennen, welche die nationale Souveränität einschränkten. Zudem habe die Besatzung der „Arctic Sunrise“ gegen internationale und russische Gesetze verstoßen, hieß es weiter. Moskau werde das Urteil prüfen und eine Antwort formulieren, kündigte das Ministerium an.
Die Niederlande hatten als Flaggenstaat der „Arctic Sunrise“ den Internationalen Seegerichtshof nach der Festnahme am 19. September angerufen. Russland boykottierte das Verfahren. In den vergangenen Tagen aber hatte die russische Justiz für fast alle der im September festgenommenen 30 Männer und Frauen bereits die Freilassung gegen Kaution angeordnet.
Der Seegerichtshof in Hamburg fügte zu seiner Entscheidung hinzu, die Dringlichkeit der Situation verlange diese vorläufigen Anordnungen. Entschieden sei das eigentliche Schiedsgerichtsverfahren damit aber nicht. Das Gericht verwies darauf, dass Russland ausreichend Zeit gehabt habe, seine Sichtweise darzulegen. Wann und wo das Hauptsacheverfahren beginnt, ist offen. Dies könne sich Jahre hinziehen, sagte die Sprecherin des Seegerichtshofes, Julia Ritter.
Die niederländische Delegation zeigte sich verhalten und will die Auflagen sorgfältig prüfen - insbesondere die Stellung der Kaution. „Wir müssen darüber nachdenken“, sagte Liesbeth Lijnzaad vom niederländischen Außenministerium in einer knappen Einlassung, in der sie aber auch die Zahlungsverpflichtung anerkannte.
Die Hamburger Seerechtswissenschaftlerin Prof. Doris König begrüßte die Entscheidung, besonders die Ausreiseanordnung für die Aktivisten. Sie hofft, dass Russland nun seinen Widerstand gegen das ausstehende Schiedsgerichtsverfahren in der Hauptsache aufgeben werde und selbst teilnimmt. Die internationale Besatzung der „Arctic Sunrise“ hatte an einer Ölplattform des russischen Gasmonopolisten Gazprom gegen Umweltzerstörung protestiert. Russland wirft den Umweltschützern Rowdytum vor - darauf stehen bis zu sieben Jahren Haft.
Die Umweltorganisation nahm die gerichtliche Anordnung mit Freude auf. „Wir sind glücklich“, sagte Greenpeace-Geschäftsführer Kumi Naidoo nach der Verkündung in Hamburg. Greenpeace geht davon aus, dass die russische Regierung der Entscheidung Folge leisten und alle Anklagepunkte gegen die 30 Aktivisten fallen lassen wird. „Diese Entscheidung ist ein Riesenschritt zur sofortigen Freilassung der Arctic 30“, sagte Greenpeace-Sprecher Tobias Münchmeyer.