Rom Kommunalwahl in Italien: Jubel bei Fünf-Sterne-Bewegung
Rom (dpa) - Mit dem Sieg bei den Bürgermeister-Wahlen in Rom und Turin im Rücken will die eurokritische Fünf-Sterne-Bewegung jetzt noch höher hinaus. Den Worten ihres Gründers Beppe Grillo zufolge strebt die italienische Protestinitiative nach dem Sieg in beiden Metropolen nun auch eine Regierungsbeteiligung auf nationaler Ebene an.
Regierungschef Matteo Renzi räumte die herbe Niederlage für seinen Partito Democratico (PD) ein und kündigte eine „offene Diskussion“ innerhalb der Partei an. Er nannte die Wahlschlappe „klar und unbestreitbar“, wiederholte aber, die Abstimmung sei vor allem auf lokaler Ebene wichtig.
In der Hauptstadt Rom zieht zum ersten Mal eine Bürgermeisterin ins Kapitol ein. Virginia Raggi landete mit mehr als zwei Drittel der Stimmen einen haushohen Sieg vor dem Renzi-Kandidaten Roberto Giachetti. Die 37 Jahre alte Rechtsanwältin, die sich im Wahlkampf etwa gegen die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 in Rom gewandt hatte, sprach von einem „historischen Moment“, nachdem Giachetti bereits früh seine Niederlage eingeräumt hatte.
Auf die Siegerin wartet keine leichte Aufgabe: Die hoch verschuldete Ewige Stadt gilt als nahezu unregierbar und leidet schon lange unter Korruption, Dreck, Smog und verstopfte Straßen. Gerade diese Alltagsprobleme will „La Raggi“ unverzüglich angehen.
Auch der einstige Starkabarettist Grillo bejubelte ihren Wahlerfolg und den überraschenden Sieg der 5-Stelle-Kandidatin in Turin: „Es ist ein historischer Tag, von heute an ändert sich alles. Jetzt sind wir dran. Und das ist erst der Anfang“, schrieb er noch in der Nacht in seinem Blog. Am Montagnachmittag kündigte er dann an, die Fünf Sterne in höhere Sphären bringen zu wollen.
Experten halten das nicht für ausgeschlossen. Sollte es Raggi in Rom gelingen, als Bürgermeisterin zu überzeugen, so der Politikwissenschaftler Roberto D'Alimonte, dann könnte M5S Renzi sogar bei der nächsten Parlamentswahl schlagen. Diese steht innerhalb der nächsten beiden Jahre an.
Landesweit waren die Fünf Sterne laut Ansa bei 19 von 20 Stichwahlen, zu denen sie angetreten waren, erfolgreich - darunter etliche kleinere Kommunen.
In Turin machte die erst 31 Jahre alte M5S-Kandidatin und Unternehmerin Chiara Appendino den Doppelerfolg der Bewegung auf Großstadtebene perfekt. Sie setzte sich überraschend gegen den amtierenden Bürgermeister und PD-Kandidaten Piero Fassino durch. Eine schmerzhafte Niederlage musste auch Renzis Mann in Triest einstecken - hier gegen den von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi unterstützten Kandidaten. Allerdings war dies der einzige Lichtblick für den Medienmogul, der sich derzeit nach einer Herzoperation in Mailand erholt.
Grund zur Freude hatte Renzi bei den Stichwahlen in den Großstädten Mailand und Bologna, wo sich seine Kandidaten durchsetzten. Bei seiner PD stand am Montag dennoch das Wundenlecken an. Am Freitag will die Parteiführung über das Wahlergebnis beraten.
Als eigentliche Bewährungsprobe rückt nun für den 41-Jährigen ein wichtiges Verfassungsreferendum in den Blickpunkt. Es dürfte im Oktober über seine politische Zukunft entscheiden.
Die Wahlbeteiligung lag mit 50,5 Prozent im ganzen Land etwa zehn Prozentpunkte unter der vom ersten Durchgang Anfang Juni. Landesweit waren fast neun Millionen Wähler in mehreren Großstädten und Dutzenden weiteren Kommunen aufgerufen, in Stichwahlen ihre Bürgermeister zu bestimmen, nachdem bei der ersten Runde vielerorts kein Kandidat die notwendige 50-Prozent-Marke geschafft hatte.
Auch von der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich kamen Glückwünsche. Italiens Nationalspieler und AS-Rom-Star Daniele De Rossi meinte mit Blick auf Raggi: „Ich bin nicht überrascht, es lag in der Luft. Ich wünsche ihr viel Glück. In Rom und überall in Italien brauchen wir Optimismus, einen radikalen Wandel. Rom braucht eine schnelle Wiederauferstehung.“