Ouattara ruft zu Gewaltverzicht in Elfenbeinküste auf
Abidjan/Nairobi/Genf (dpa) - Die Waffen schwiegen am Dienstag in der wochenlang umkämpften Hafenstadt Abidjan in der Elfenbeinküste.
Doch noch immer gelten mehrere Stadtteile als nicht sicher, ist ungewiss, ob die Anhänger des entmachteten ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo den Kampf auch wirklich einstellen. Auch Präsident Alassane Ouattara ist noch nicht in den Präsidentenpalast umgezogen, sonder hat sein Hauptquartier weiterhin in einem Hotel in Abidjan, das auch Sitz der UN-Mission UNOCI in dem westafrikanischen Land ist.
Wenige Stunden nach der Festnahme Gbagbos am Montag rief Ouattara zur Versöhnung auf. In einer Fernsehansprache appellierte er an die Bevölkerung, Ruhe zu bewahren, und ermahnte seine Anhänger, auf Gewalt und Rache gegen Gbagbos Parteigänger zu verzichten. Zugleich kündigte er eine juristische Aufarbeitung der politischen Gewalt während des monatelangen Konflikts an. Auch Gbagbo hatte seine Anhänger im Fernsehen aufgerufen, nun die Kämpfe einzustellen.
Während des Machtkampfes waren nach UN-Schätzungen allein in den vergangenen Tagen fast 540 Menschen getötet worden. Mehr als eine Million Menschen vor allem aus der Hafenstadt Abidjan sind vor der Gewalt geflohen. Ein Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) ging sogar von noch mehr Opfern aus. Nicht nur Gbagbos Sicherheitskräfte sollen Verbrechen begangen haben. Im Westen des Landes wurden nach dem Fund hunderter Leichen auch Ouattaras Truppen ethnischer Morde bezichtigt.
Die Behandlung Gbagbos bereite den UN Sorge, sagte eine Sprecherin Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte am Dienstag in Genf. „Wenn er behandelt wird, wie es das internationale Recht verlangt, dann wäre das ein starkes Signal“, sagte sie.
Das UN-Koordinationsbüro für humanitäre Hilfe (Ocha) geht davon aus, dass inzwischen rund 800 000 Menschen in der Elfenbeinküste aus ihrer Heimat vertrieben wurden. „Auch nach der Festnahme Gbagbos bleibt die humanitäre Lage in dem Land höchst besorgniserregend“, sagte Ocha-Sprecherin Elizabeth Byrs. Die Ereignisse der vergangenen Woche hätten für die Bevölkerung weitreichende Folgen.
Das Welternährungsprogramm (WFP) will in den kommenden Tage die ins Nachbarland Liberia geflüchteten Ivorer über eine Luftbrücke unterstützen. „Wir müssen einen humanitären Korridor zu den vielen Ivorern einrichten, die Opfer der gewalttätigen Auseinandersetzungen geworden sind. Es fehlen Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter“, sagte Josette Sheeran, Exekutivdirektorin des WFP.
Die französische Regierung kündigte am Dienstag eine Sonderhilfe in Höhe von 400 Millionen Euro an. Mit dem Geld sollten in einem ersten Schritt die dringendsten Bedürfnisse der Bevölkerung gestillt werden, ließ Wirtschaftsministerin Christine Lagarde mitteilen. In einem zweiten Schritt sei geplant, die Wirtschaft des Landes zu unterstützen.
Die unabhängige Wahlkommission hatte Ouattara im vergangenen November zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt. Amtsinhaber Gbagbo weigerte sich jedoch, das Ergebnis anzuerkennen. Der Präsident des Verfassungsgerichts, ein Parteifreund Gbagbos, ließ einen Teil der für Ouattara abgegebenen Stimmen annullieren und sprach Gbagbo den Sieg zu. Internationale Vermittlungsversuche und Sanktionen brachten über Monate keinen Ausweg aus der schweren Krise.
Nachdem UN-Soldaten und französische Hubschrauber bereits am Wochenende die von Ouattara-Truppen umzingelte Residenz Gagbos angegriffen hatten, stießen am Montag französische Panzerverbände zusammen mit Ouattaras Republikanischen Truppen zu der Residenz vor. Angesichts der Übermacht ergab sich Gbagbo. Er wurde festgenommen und mit seiner Familie ins Hauptquartier Ouattaras gebracht.