Russische Justiz klagt Greenpeace-Mitglieder an
Moskau (dpa) - Für Greenpeace ist es der schwerste Konflikt mit einer Regierung seit fast 30 Jahren: Massiv geht Russland gegen die Umweltschützer vor. Dabei hatte Kremlchef Putin davor gewarnt, die Aktivisten als Piraten abzustempeln.
Proteste gibt es auch in Deutschland.
Zwei Wochen nach dem spektakulären Greenpeace-Protest in der Arktis klagte die russische Justiz mehrere Umweltschützer als Piraten an. Ermittler in der Stadt Murmansk leiteten gegen zunächst 14 der insgesamt 30 verhafteten Besatzungsmitglieder des Aktionsschiffs „Arctic Sunrise“ offiziell Verfahren wegen bandenmäßiger Piraterie ein, wie Greenpeace mitteilte.
Ihnen drohen bis zu 15 Jahre Haft. Von russischer Seite gab es zunächst keine Stellungnahme. Die Bundesregierung hatte sich besorgt über das Vorgehen der Justiz gezeigt.
Die Umweltorganisation wies die Vorwürfe als „unzutreffend, unbegründet und illegal“ zurück und kündigte an, bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu ziehen. Greenpeace-Direktor Kumi Naidoo kritisierte das Vorgehen als „schwerste Bedrohung des friedlichen Umweltprotests“ seit der Versenkung des Aktionsschiffs „Rainbow Warrior“ in Auckland 1985 durch französische Geheimagenten. Damals kam ein Aktivist ums Leben.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte, die „absurden und schädlichen“ Piraterie-Anklagen fallenzulassen. Auch in Deutschland gab es Proteste gegen das Vorgehen der Behörden.
Zu der Verhandlung in der Hafenstadt Murmansk seien nur die Anwälte zugelassen worden, sagte eine Greenpeace-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Sie erwartete, dass die Anklageerhebung an diesem Donnerstag fortgesetzt werde. Kremlchef Wladimir Putin hatte betont, die Greenpeace-Leute aus insgesamt 18 Ländern hätten zwar gegen internationales Recht verstoßen. Sie seien aber keine Piraten.
Einer der Angeklagten ist der britische Videoreporter Kieron Bryan. Er sollte die Protestfahrt der „Arctic Sunrise“ dokumentieren. Auch der russische Pressefotograf Denis Sinjakow sitzt in Untersuchungshaft. Deutsche waren nicht an Bord der „Arctic Sunrise“.
Russische Sicherheitskräfte hatten das Schiff am 19. September in der Petschorasee geentert und nach Murmansk geschleppt. Zuvor hatten Aktivisten versucht, auf die Ölplattform „Priraslomnaja“ des Staatsunternehmens Gazprom zu gelangen. Nach eigenen Angaben wollten sie dort ein Transparent befestigen.
Weltweit protestierten nach Greenpeace-Angaben bislang mehr als 775 000 Menschen in Schreiben an russische Botschaften gegen das Vorgehen der Behörden. In Berlin ketteten sich zwei Aktivisten an eine Erdgas-Tanksäule von Gazprom.
Die Umweltschützer werfen Gazprom vor, mit Bohrungen das Ökosystem der äußerst sensiblen Arktis zu gefährden. Ein Leck hätte ihrer Ansicht nach katastrophale Folgen für die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt der noch weitgehend unberührten Region. Dort wird etwa ein Viertel der globalen Öl- und Gasvorräte vermutet.