Syrische Aktivisten: Rachefeldzug des Assad-Regimes in Homs
Damaskus/New York (dpa) - Nach dem Einmarsch der syrischen Armee ist die einstige Protesthochburg Homs nach Angaben der Opposition Schauplatz eines grausamen Rachefeldzugs.
„Stoppt die Hinrichtungen in Baba Amro“ - mit diesem dramatische Appell machten syrische Aktivisten am Montag auf die Lage in dem Wohnviertel von Homs aufmerksam, das die Aufständischen am vergangenen Donnerstag nach wochenlangem Beschuss der Regierungstruppen geräumt hatten.
Die Gegner des Regimes von Präsident Baschar al-Assad erklärten, Menschen würden in dem Viertel öffentlich hingerichtet. Am Montag seien zudem zahlreiche Häuser angezündet worden. Das Internationale Rote Kreuz wartet noch immer vergeblich auf eine Erlaubnis, Hilfe zu leisten. Angeblich wird den Helfern der Zugang zu tausenden notleidenden Zivilisten aus Sicherheitsgründen verweigert.
Eine für Dienstag anberaumte Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats zur Syrien-Krise wurde abgesagt. Das mächtigste Gremium sagte die Tagung ab, weil UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos dann bereits auf dem Weg nach Damaskus ist. Ursprünglich hatte die Britin zur humanitären Lage in Syrien vortragen sollen. Die Sondersitzung war aber auch als Signal an Damaskus gedacht. Die syrische Führung hatte der höchsten UN-Repräsentantin tagelang die Einreise verweigert. Ihr sei gesagt worden, kein Regierungsmitarbeiter habe Termine für sie frei. Die Einwilligung aus Damaskus kam erst am Montag. Nun soll Amos dem Sicherheitsrat bald nach ihrer Rückkehr berichten. Sie besucht Syrien von Mittwoch bis Freitag.
Am Samstag will der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga für Syrien, Kofi Annan, nach Damaskus reisen. Nach Angaben seines Büros in Genf, will der frühere UN-Generalsekretär versuchen, ein „baldiges Ende aller Gewalt und Menschenrechtsverletzungen“ zu erreichen und zugleich „Bemühungen um eine friedliche Lösung der syrischen Krise in Gang zu bringen“. Zuvor werde der 73-jährige Spitzendiplomat am Mittwoch in Kairo mit Vertretern der Arabischen Liga zusammentreffen.
Die libanesische Zeitung „Daily Star“ berichtete am Montag, in der syrischen Stadt Homs seien 13 französische Offiziere gefangen genommen worden. Allerdings wurde der Bericht weder von Syrien noch von Frankreich bestätigt. Das Blatt beruft sich auf einen anonymen „in Damaskus stationierten, pro-syrischen palästinensischen Informanten“. Angeblich werden die Franzosen in einem Feldlazarett in der Stadt festgehalten.
Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete unterdessen von „Reparaturarbeiten“ in Homs. „Die Reparaturteams haben damit begonnen, die Straßen und Dienstleistungsbehörden wieder instand zu setzen sowie die Straßensperren zu entfernen, die von den Terroristen in dem Gebiet errichtet worden waren.“ Das Stadtviertel Baba Amro war von der Armee drei Wochen lang mit Artillerie beschossen worden, bevor die Deserteure vergangene Woche die Flucht ergriffen und die Armee zusammen mit dem Geheimdienst die Kontrolle übernahm.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle hofft nach der Präsidentschaftswahl in Russland auf neue Bewegung im Syrien-Konflikt. Er appellierte am Montag an die neue russische Führung unter dem zurückgekehrten Kreml-Chef Wladimir Putin, die ablehnende Haltung zu einer UN-Resolution zu überdenken. Bislang hat Russland jede Verurteilung des Assad-Regimes im UN-Sicherheitsrat verhindert, gemeinsam mit der anderen Veto-Macht China.
China legte unterdessen einen Sechs-Punkte-Plan vor, der ein Ende der Gewalt, humanitäre Hilfe sowie einen Dialog zwischen dem Regime und der Opposition vorsieht. Der chinesische Botschafter in Kairo, Song Aiguo, betonte jedoch, humanitäre Hilfe dürfe nicht als Vorwand für Einmischung und Verletzung der Souveränität Syriens benutzt werden. Die vom Regime geduldete gemäßigte Oppositionsgruppe Bewegung für den Aufbau des syrischen Staates erklärte unterdessen in Damaskus, es fehlten konkrete Schritte für eine Umsetzung des chinesischen Plans.