USA fürchten neue Wikileaks-Enthüllung
Washington (dpa) - Die US-Regierung bereitet Bündnispartner in aller Welt auf die mögliche Veröffentlichung von Papieren aus dem Außenministerium durch Wikileaks vor. Doch die tatsächlichen Folgen des Datenlecks sind unabsehbar.
Washington will den möglichen diplomatischen Flurschaden begrenzen. Nach Angaben der Enthüllungsplattform Wikileaks wurden in Großbritannien, Kanada, Australien, Israel, Dänemark und Norwegen die Regierungen durch US-Vertreter über die Inhalte der vertraulichen Dokumente informiert, die den Internet-Aktivisten vermutlich vorliegen. Das Außenamt in Washington versucht derweil abzuschätzen, welche Konsequenzen das vielleicht gewaltige Datenleck haben könnte.
Das State Department wisse „nicht exakt, was Wikileaks hat oder was sie planen“, sagte der Sprecher Philip Crowley. Aber der außenpolitische Schaden der Geheimnisverrats könne beträchtlich sein. Nach Angaben von Wikileaks sprach das Weiße Haus bereits mit der „New York Times“ über Details der Enthüllungen. Die US-Zeitung gehört neben dem deutschen Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und dem britischen „Guardian“ zu den Medienpartnern der Seite. Sie hatten bereits im Juli kooperiert, als Wikileaks 75 000 Geheimpapiere über den Krieg in Afghanistan zugänglich gemacht hatte.
Nach eigener Einschätzung könnte der US-Regierung vor allem deshalb diplomatischer Ärger ins Haus stehen, weil peinliche Details aus dem Schriftverkehr zwischen den US-Botschaften und dem Hauptquartier ans Tageslicht kommen könnten, berichtete die „Washington Post“ am Freitag. Solche Nachrichten enthielten zum Beispiel vertrauliche Aussagen von hochrangigen Regierungsmitgliedern der Gastgeberländer über die inneren Abläufe im politischen Geschäft.
„Die typischen Mitteilungen beschreiben Zusammenfassungen von Treffen, Analysen von Ereignissen in anderen Ländern und Protokolle vertraulicher Gespräche mit Mitgliedern anderer Regierungen“, sagte Crowley der Zeitung. Eine Hauptsorge der USA sei, dass sie wegen der Veröffentlichung künftig nicht mehr an solche Informationen komme. US-Medien berichteten, dass zudem strategische Geheimnisse der amerikanischen Außenpolitik publik werden könnten oder auch bislang unbekannte internationale Korruptionsfälle.
Die israelische Tageszeitung „Haaretz“ schrieb, die Enthüllungen könnten auch für Israel unangenehm werden. Die US-Regierung habe die Regierung in Jerusalem vorab gewarnt, dass Material aus den vergangenen fünf Jahren veröffentlicht werden könnte. In Australien habe sich bereits das Kabinett mit den bevorstehenden Enthüllungen auseinandergesetzt. „Die ganze Sache ist ziemlich groß“, zitierte die „Washington Post“ einen australischen Regierungsbeamten.
Wikileaks hatte bereits in den vergangenen Monaten mit der Veröffentlichung von Geheimdokumenten aus den USA zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak international für Aufsehen gesorgt. „Jetzt wird wohl jeder Westentaschendiktator der Welt vor der Veröffentlichung in Kenntnis gesetzt“, schrieben die Aktivisten als Reaktion auf die jüngsten Medienberichte im Kurznachrichtendienst Twitter. Zuvor hatten sie dort kommentiert, dass das US- Verteidigungsministerium „hyperventiliere“, weil es Angst habe, zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Bereits am Montag hatte Wikileaks im Netz mitgeteilt, das neue Material werde den siebenfachen Umfang der geheimen Logbucheinträge aus den USA zum Irak-Krieg haben, die im Oktober veröffentlicht worden waren. Allein dieser Datensatz mit internen Feldprotokollen der US-Armee hatte mehr als 400 000 Dokumente umfasst.