Washington. Am vergangenen Wochenende hatte es noch den Anschein, als würde Hillary Clinton ihre Niederlage gegen Barack Obama beim demokratischen Vorwahlmarathon mit Würde eingestehen. Nun aber planen die frühere First Lady und Ehemann Bill ein Art Rachefeldzug gegen jene, die ihr während des Wahlkampfs den Rücken kehrten und in das Lager des afro-amerikanischen Kandidaten wechselten.
Unter Demokraten wächst die Sorge, dass die politischen Schwergewichte Hillary und Bill innerhalb der Partei erneut tiefe Wunden aufreißen könnten.
Führende US-Medien berichten unter Berufung auf drei enge Berater der New Yorker Senatorin, dass die Clintons sorgfältig eine Liste politischer Feinde zusammenstellen. Sie sollen in den Medien diskreditiert und am beruflichen Aufstieg gehindert werden.
"Wenn es stimmt, dass sie auf diesem Wege ihre Gegner bestrafen wollen", so der demokratische Stratege Michael Lauler, "dann könnten die Clintons unsere Partei um den Sieg bei der Präsidentschaftswahl bringen."
Die Abtrünnigen werden in drei Kategorien eingeteilt, nämlich "Undankbare", "Verräter" und "Feinde". Angeführt wird die schwarze Liste von Neu Mexikos Gouverneur Bill Richardson, der hispanischer Abstammung ist. Richardson, der unter Bill Clinton UN-Botschafter und später Energieminister war, stellte sich nach der Vorwahl in Kalifornien hinter Obama.
Mit Richardsons Hilfe stieg Obama im Ansehen strategisch wichtiger Latino-Wähler und erzielte unter anderem in Texas sensationell mehr Delegiertenstimmen als die haushohe Favoritin Clinton.
Weitere prominente Namen auf der Abschussliste sind Mitglieder des Kennedy-Clans. So hatte Senator Ted Kennedy sich hinter seinen Kollegen aus Illinois gestellt. Und dessen Nichte Caroline Kennedy gehört jener Arbeitsgruppe an, die Obama bei der Bestimmung eines Vizepräsidentschaftskandidaten berät.
Rachegelüste hegen die Clintons auch gegen eine ganze Reihe von sozialliberalen Journalisten, die in Kommentaren Obama vorzogen.
Erstaunlich ist, dass die Clintons das Bestehen der schwarzen Liste nicht nur nicht dementieren, sondern zu rechtfertigen versuchen. Mit süffisantem Lächeln meinte Hillarys Wahlkampfmanager Terry McAuliffe, dass "man sich eben merkt, wer seine Freunde und Feinde sind". Sollte in Zukunft einer der neuen Clinton-Feinde anklopfen und um Gefälligkeiten bitten, "dann müssen sie eben wissen, wo sie stehen."