Kritik an Gleichgeschlechtlicher-Ehe in Irland Vatikan zur Homo-Ehe: „Niederlage für die Menschheit“
Rom/Berlin (dpa) - Das irische Ja zur Ehe für homosexuelle Paare provoziert die katholische Kirche: Der Vatikan kritisierte das Votum vom Pfingstwochenende mit ungewöhnlich scharfen Worten und wertete es als „Niederlage für die Menschheit“.
In Deutschland brachte das Bundeskabinett redaktionelle Änderungen zahlreicher Gesetze im Zivil- und Verfahrensrecht auf den Weg, um Vorschriften für Eheleute auch auf Lebensgemeinschaften schwuler und lesbischer Paare ausdehnen. Eine völlige rechtliche Gleichstellung wie in Irland, die parteiübergreifend viele fordern, lehnte die Bundesregierung aber ab. Daher planen einige Länder eine entsprechende Bundesratsinitiative.
„Lebenspartnerschaften nicht zu diskriminieren, das ist das klare Ziel der Bundesregierung. Eine Gleichsetzung mit der Ehe ist es nicht“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Es gebe Unterschiede zwischen Lebenspartnerschaft und Ehe, „begründet in den Traditionen, kulturellen und religiösen Grundlagen unseres Landes“. Union und SPD sind in der Frage uneins: Die SPD will eine umfassende Gleichstellung der Homosexuellen-Ehe, die Union lehnt dies etwa beim Adoptionsrecht ab.
In Rom äußerte sich Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin - nach Papst Franziskus die Nummer 2 im Vatikan - zur Abstimmung im traditionell katholischen Irland: „Ich bin sehr traurig über dieses Ergebnis, die Kirche muss sich dieser Realität stellen, aber sie muss es in dem Sinn tun, dass sie erneute Anstrengungen unternimmt, auch die Kultur von heute zu evangelisieren“, sagte er am Dienstagabend. „Ich glaube, man kann nicht nur von einer Niederlage der christlichen Prinzipien, sondern von einer Niederlage für die Menschheit sprechen“, zitierte ihn Radio Vatikan weiter. Man müsse alles dafür tun, die Familie zu verteidigen, weil sie die Zukunft der Menschheit und der Kirche bleibe
Parolins Äußerungen lösten Kopfschütteln aus: „Die katholische Kirche hat erneut eine Chance verpasst, in der Gegenwart anzukommen“, sagte der innen- und religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck. Auch die kritische Laieninitiative „Wir sind Kirche“ kritisierte Parolins Rhetorik. Die Deutsche Bischofskonferenz äußerte sich weder dazu noch zum Referendum in Irland.
Die Antidiskriminierungs-Beauftragte der Bundesregierung, Christine Lüders, kritisierte den Kabinettsbeschluss, nach dem in diversen Gesetzespassagen beispielsweise neben dem Wort „Ehegatte“ auch der Begriff „Lebenspartner“ eingefügt werden soll, als unzureichend. „Schwule und Lesben dürfen bei uns nicht das Gefühl haben, im europäischen Vergleich Menschen zweiter Klasse zu sein“, warnte sie und verwies auf die Öffnung der Ehe auch in Großbritannien, Frankreich, Spanien, Portugal oder Schweden. Lüders plädierte erneut für eine fraktionsübergreifende Initiative im Bundestag zur Öffnung der Ehe.
Auch die Bundesländer machen Druck: Die rot-grünen Landesregierungen in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz sowie Rot-Rot-Grün in Thüringen wollen sich in der Länderkammer für die vollständige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften einsetzen. Andere Landesregierungen könnten sich entsprechenden Initiativen anschließen.
Bereits 2013 hatte die Länderkammer über die Gleichstellung der Homosexuellen-Ehe abgestimmt. Damals fand der ebenfalls von Niedersachsen eingebrachte Antrag zwar zunächst eine Mehrheit. Der Bundestag befasste sich aber wegen des Ablaufs der Legislaturperiode nicht mehr damit.
In Deutschland gibt es für Schwule und Lesben seit 2001 die Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen. Die ist aber rechtlich nicht mit der Ehe gleichgesetzt. Das Bundesverfassungsgericht hatte in der Vergangenheit in mehreren Entscheidungen eine solche Vereinheitlichung eingefordert.