Beck und das Tabuwort Intrige: „Ich will meiner Partei keine Schwierigkeiten machen“
Auftritt: In Mainz erläutert der Ex-SPD-Chef, warum er zurückgetreten ist.
Berlin. Kurt Beck hat eine Botschaft an Berlin. Er steht in Mainz, vor sich die Kameras, im Rücken das Landeswappen. Seine Botschaft lautet, dass man in Berlin als Mann mit guten Eigenschaften politisch kaum überleben kann. Jedenfalls nicht, wenn man Kurt Beck heißt.
Die Erklärung des zurückgetretenen SPD-Vorsitzenden beinhaltet eine Rechtfertigung seines Führungsstils "mit Kollegialität und Offenheit" und eine Anklage an "viele". Sein offener Stil sei immer wieder mit Vertrauensbrüchen konterkariert worden. "Dies bezieht sich nicht auf die erste politische Reihe", sagt Beck, während seine früheren Stellvertreter Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück in Berlin damit beschäftigt sind, Spekulationen über einen Putsch zu ersticken.
Ausführlich schildert der Ministerpräsident, wie seine Entscheidung sich entwickelt habe. Vor Monaten habe er sich entschieden, Steinmeier vorzuschlagen und habe nur die "besonderen Fährnisse" des Sommers meiden wollen. Man merkt Beck an, dass er die Nerven noch nicht wiedererlangt hat. "Es musste aber auch ein Weg gefunden werden. Und ich dachte, wir hätten ihn gemeinsam gefunden, wie seitens der SPD ein Zeichen der Geschlossenheit und des Aufbruchs gesetzt werden konnte." Schwer scheint es ihm zu fallen, über Franz Müntefering zu sprechen. "Darin war auch der wieder künftige Parteivorsitzende eingebunden mit seiner Erfahrung und mit seinem Wissen."
In distanzierten Worten beschreibt Beck, wie er am Samstagabend in den Medien eine Geschichte vorgefunden habe, die mit der Wirklichkeit nicht übereingestimmt habe. Er meint den Bericht im Spiegel, demzufolge Beck von Steinmeier gedrängt worden sei, ihn am Sonntag als Kanzlerkandidaten zu präsentieren. "Dabei ist deutlich geworden, dass den Medien bewusst Fehlinformationen zugespielt worden sind." Gegen Ende seiner Erklärung betont Beck noch einmal, dass seine Einschätzung der gezielten Fehlinformation nicht auf Vermutungen, sondern auf Fakten basiere. Über Intrigen will er nicht sprechen. "Ich will meiner Partei keine zusätzlichen Schwierigkeiten machen."
Es muss bitter auf Beck wirken, dass die Politikmaschine in Berlin scheinbar ungerührt von seinem Rücktritt weiterarbeitet, einen neuen SPD-Geschäftsführer in Gestalt von Münteferings Vertrautem Kajo Wasserhövel produziert sowie bessere Umfragewerte für die SPD. Vier Punkte mehr bedeuten zwar auch nur 26Prozent, kennzeichnen aber einen Aufwärtstrend.
Versteckt formuliert Beck Kritik an Müntefering, indem er sagt, dass er versucht habe, der "richtigen Politik" der Agenda 2010 "eine menschliche Verträglichkeit" hinzuzufügen. Er erinnert an den Hamburger Parteitag, auf dem er sich (gegen Müntefering) durchgesetzt habe.
Eigene Fehler räumt Beck ein, auch auf der Bundesebene, aber nicht in der Linie und nicht im Stil. Sehr anrührend, geradezu überwältigend seien die Solidaritätsadressen, die er erhalten habe. Von Unternehmern, Gewerkschaftern oder Künstlern. Auch aus dem Parteivorstand dürfte zu ihm durchgedrungen sein, dass einige die Art und Weise kritisiert haben, wie mit dem Vorsitzenden umgegangen worden ist.