BGH-Urteil: Schüler dürfen Lehrer im Internet anonym benoten
Lehrerin unterliegt vor dem Bundesgerichtshof. Die Auswirkung auf die Ärzte-Bewertung bleibt offen.
Karlsruhe. Schüler dürfen ihren Lehrern auf der Internet-Seite Spickmich.de Noten geben. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Revision einer Lehrerin aus Moers zurück, die durch diese Art der Notenverteilung ihr Persönlichkeitsrecht verletzt sah. Die Pädagogin war von Schülern in dem Internetportal bewertet worden, im Unterrichtsfach Deutsch erhielt sie die Note 4,3. Sie verlangte die Löschung des Eintrags mit ihrem vollem Namen.
Durch die Bewertung sah die Klägerin ihr Persönlichkeitsrecht verletzt. Nach Niederlagen in unteren Instanzen unterlag sie nun auch vor dem höchsten Zivilgericht.
Die Bewertungen seien Meinungsäußerungen, die die berufliche Tätigkeit der Klägerin betreffen, urteilten die Richter. Der Einzelne genieße dabei nicht den gleichen Schutz wie in seiner Privatsphäre. Auch seien die Äußerungen weder schmähend noch beleidigend. Auch anonyme Bewertungen seien von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Bei der Verhandlung, zu der die Lehrerin nicht erschienen war, hatte deren Anwältin fehlende "Waffengleichheit" beklagt. Über Lehrer könnten anonym Behauptungen verbreitet werden, gegen die sich Pädagogen nicht wehren könnten. Es drohten Manipulationen: In dem Fall hätten nur vier Schüler zur Bewertung 4,3 beigetragen.
Josef Kraus, Präsident des Lehrerverbands, nannte es "nicht nachvollziehbar, dass der BGH die Persönlichkeitsrechte von Lehrern einer aus der Anonymität heraus praktizierten Internet-Beurteilung von Lehrern durch Schüler unterordnet".
Spickmich-Geschäftsführer Manuel Weisbrod hingegen feierte das Urteil: "Es ist ein toller Tag für Deutschlands Schulen und ein super Tag für die Meinungsfreiheit", meinte er.
Das Urteil hat keine grundsätzliche Bedeutung für andere umstrittene Bewertungsportale im Internet. Es handele sich "durchaus um einen Einzelfall, aber nicht um den letzten", betonte die Vorsitzende Richterin Gerda Müller. Wie mit anderen Bewertungsportalen umzugehen sei, müsse offen bleiben. Hintergrund: Die AOK hatte angekündigt, dass ihre Versicherten bald Ärzte im Internet bewerten sollen.