Europa-Parlamentarier CDU-Europa-Politiker Elmar Brok gibt nach Schlappe noch nicht auf
Düsseldorf · Nach seiner überraschenden Schlappe wird das CDU-Urgestein seinen Platz in Europa wohl nicht kampflos räumen. Denn noch ist nichts endgültig entschieden.
Die Zeit ist knapp, Elmar Brok hat den ganzen Tag telefoniert, steckte in Terminen, jetzt geht es um die politische Zukunft des 72 Jahre alten Europa-Parlamentariers aus Ostwestfalen. Ein Dino der Europa-Politik, Mann der Talkshows, Brok gilt als eines der bedeutsamen Gesichter für die CDU in Brüssel. Aber jetzt steht das alles auf der Kippe, weil die Mitglieder des CDU-Landesvorstandes auf Rang sechs der CDU-Liste für die Europawahl mit 17:20 gegen Brok aus Ostwestfalen-Lippe und für den Landtagsabgeordneten Stefan Berger aus Schwalmtal votiert haben. Seit jener Überraschung rollt eine Debatte durch die NRW-CDU: Ist Brok ohnehin zu alt für die nächste Legislaturperiode in Brüssel und Straßburg? Geschieht ihm, der Gegner wie Freunde hat, aber kaum etwas dazwischen, das eigentlich ganz recht? Oder aber von der anderen Seite: Wie kann es sein, dass die CDU auf ihren besten Europa-Strippenzieher freiwillig verzichten will? Und was überhaupt ist da eigentlich falsch gelaufen?
„Ich behalte mir vor, darauf zu reagieren“, sagte Brok gestern gegenüber dieser Zeitung. Mehr sei nicht zu vermelden, sagt er geschäftig. Warum nicht? „Weil ich mich noch nicht entschieden habe, was ich mache“, so Brok. Der Druck sei groß, findet er, die Debatte laufe innerparteilich hochtourig. Am Wochenende tage erst einmal der Bezirksvorstand mit ihm an der Spitze. Aber dann bricht es doch aus ihm heraus: „Auf die Altersdebatte, die von den Siegern in Düsseldorf jetzt betrieben wird, lasse ich mich nicht ein. Das ist ja vorgeschoben, am Ende geht es doch um einen Strukturwandel in der CDU-Landtagsfraktion in NRW.“
Das alles hat ihn mitgenommen, aber ein „Schlachtross“ wie Brok gibt nicht so schnell auf. Sollen sie sich heute freuen, scheint er zu denken, morgen wird zurückgeschlagen. Das Stück um Brok ist ein Lehrstück über Politik und ihre Ämter, Konkurrenz und Parteikalkül. Mit wem man auch spricht: Im Umkreis des Ostwestfalen gehen fast alle davon aus, dass Brok bei der CDU-Landesdelegiertenkonferenz für die Europawahl in Siegburg am 26. Januar noch einmal mit dem gleichen Ziel in eine Kampfkandidatur geht. Dann wieder gegen den NRW-Landtagsabgeordneten Berger, gegen den er gerade erst im Landesvorstand auf Betreiben des Niederrhein-Bezirkschefs Günter Krings verloren hat.
Hinter den Kulissen wird
derzeit wohl intensiv taktiert
Broks Taktik wird dann eine andere sein: Anders als im Landesvorstand, in dem wohl viele für Berger gestimmt haben, weil sie damit den für Berger in den NRW-Landtag nachrückenden und überaus beliebten Hendrik Schmitz aus Aachen protegieren wollten, der 2017 sein Landtagsmandat verloren hatte, werden die Delegierten in Siegburg wohl anderes im Sinn haben: Dann steht eine Einzel-Entscheidung Brok gegen Berger an – Schmitz dürfte dann eine eher untergeordnete Rolle spielen.
„Die Entscheidung im Landesvorstand war Demokratie“, sagte gestern dazu Peter Liese, „aber am 26. Januar in Siegburg ist auch nochmal Demokratie.“ Liese wird an jenem Tag aller Voraussicht nach zum Spitzenkandidaten der NRW-CDU für die Europawahl ernannt, der ehemalige Kinderarzt ist angesehen und seit 1994 mit Brok Europa-Parlamantarier für NRW in der Europäischen Volkspartei (EVP). Liese hat eine klare Meinung: „Ich bedauere, dass Elmar Brok nicht auf dieser Liste steht, er ist sehr gut vernetzt im europäischen Parlament und wichtig für uns.“ Zudem müsse sein Platz für Ostwestfalen-Lippe erhalten bleiben, wichtige Gebiete in NRW seien schon jetzt in Europa nicht mehr vertreten, etwa das Ruhrgebiet. Und Ostwestfalen, sagt Liese, käme nach jetzigem Stand erst auf dem unattraktiven Platz 11 der Liste zum Tragen. „Das kann ja schon mal auf keinen Fall so bleiben“, findet Liese.
Was wurde in diese Brok-Niederlage seit Dienstag nicht alles hineininterpretiert: Eine Niederlage für Angela Merkel sei das gar, und auch eine Pleite für den NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet, der Elmar Brok auf Beschluss des geschäftsführenden Landesvorstands auf den Listenplatz 4 hieven wollte. Brok trat dann jedoch auf Listenplatz sechs an – und verlor. Ein taktischer Fehler, den er wohl jetzt wieder gutmachen will in Siegburg. Nur: „In ein aussichtsloses Rennen wird Elmar sicher nicht gehen“, weiß Liese. Das heißt: Es wird in den nächsten Tagen viel telefoniert und an Strippen gezogen. Brok kann das, andere aber können das auch. Ende offen. So geht Politik.