Das Racheversprechen

Vor wenigen Tagen hatte ein vermeintlich angeschlagener Erdogan noch wie wild um sich gebissen, Twitter und Youtube gesperrt. Nach dem unerwartet klaren Erfolg bei den Kommunalwahlen fällt das Siegesgeheul um so lauter aus.

Ein Kommentar von Peter Lausmann.

Foto: Nanninga, Bernd (bn)

Sein Versprechen: ein Rachefeldzug gegen die Gegner aus dem islamisch-konservativen Lager — nach Erdogans Lesart vom Wähler legitimiert.

Dabei verkennt er, dass es gerade sein brachialer Politikstil als selbsternannter „Sultan“ ist, den sich vor allem die jüngere Generation nicht mehr bieten lassen will. Erdogans Plan, per Polizeistaat für Ruhe zu sorgen, wird nicht aufgehen. Wahrscheinlicher ist eine noch stärkere Polarisierung. Daran ändern auch die Zugewinne bei der Wahl nichts.

Erdogan hätte, gestärkt vom Zuspruch vieler Wähler, die Hand ausstrecken können, um zu versöhnen und sich als Vater der modernen Türkei zu inszenieren. Berauscht vom Erfolg, hat er diese Option aber offensichtlich verworfen. Er könnte zum Pyrrhussieg werden, wenn sich Erdogan der Rache hingibt.