Der lange Kampf um einen würdigen Tod
Ein Witwer aus Braunschweig erzielt vor dem Gerichtshof in Straßburg einen Teilerfolg.
Straßburg. Der Gerichtshof hat sein Urteil gesprochen — doch für Ulrich Koch ist der Fall noch nicht zu Ende: „Ich werde weitermachen“, sagt der 69-Jährige aus Braunschweig. Mehr als sieben Jahre ist es her, dass er mit seiner gelähmten Frau in die Schweiz fuhr, um ihr, wie er sagt, einen würdevollen Tod zu ermöglichen. Nach einem Sturz war sie querschnittsgelähmt, sie konnte nicht allein atmen, schmerzhafte Krämpfe schüttelten sie. Ärzte prognostizierten ihr zwar eine Lebenserwartung von weiteren zehn bis 15 Jahren, aber keine Hoffnung auf Besserung.
In einer Wohnung des Sterbehilfe-Vereins Dignitas nahm die damals 53-Jährige dann das tödliche Pentobarbital-Natrium zu sich. Die deutschen Behörden hatten seiner Frau das Medikament verweigert — und seither klagt Ulrich Koch, um wenigstens im Nachhinein feststellen zu lassen, dass seine Frau ein Recht auf das Gift gehabt hätte. Die deutschen Gerichte wiesen seine Klagen ab, er könne nicht in ihrem Namen klagen. Schließlich legte er Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein.
Am Donnerstag verkündete der EGMR sein Urteil — doch die Straßburger Richter hielten sich zurück: Sie rügen nur, dass die deutschen Gerichte den Fall nicht ausreichend geprüft hätten. Wegen der engen Verbindung zu seiner Frau sei Koch durch die Entscheidung der Behörden auch in seinen eigenen Rechten betroffen. Das hätten die Gerichte berücksichtigen müssen.
Ob es einen Anspruch auf Sterbehilfe gibt — dazu sagt der EGMR nichts. Hierüber müssten zuerst deutsche Gerichte entscheiden. Kochs Anwalt will nun prüfen, ob er Rechtsmittel einlegt. Anschließend wird sich wohl das Verwaltungsgericht in Köln erneut mit dem Fall beschäftigen müssen.
Möglicherweise sind die Aussichten vor deutschen Gerichten sogar besser, als wenn der EGMR selbst entschieden hätte. Denn die Straßburger Richter stellen fest, dass es in den Mitgliedsstaaten der Menschenrechtskonvention keinen Konsens darüber gibt, ob Beihilfe zum Suizid zulässig ist. Nur in vier von 42 Staaten dürfen Ärzte ein tödliches Medikament verschreiben. 2011 hatte der EGMR in einem Fall aus der Schweiz entschieden, dass Kranke keinen Anspruch darauf haben, ohne Rezept ein Gift zu erhalten.