Der Problemfall Erika Steinbach
eklat Präsidentin des Bundes der Vertriebenen sorgt mit ihrer Äußerung zum Kriegsbeginn für Wirbel – nicht nur in der Union.
Berlin. Es war nur ein kurzer Schlagabtausch, und Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hat ihn resolut beendet. Doch als die kritische Bemerkung der Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach über Polen aus der Fraktionsvorstandssitzung in die Welt drang, gab es kein Halten mehr.
Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) beklagte sich in der Sitzung über mangelnde Unterstützung aus der Union für zwei umstrittene stellvertretende Beiratsmitglieder der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung". Sie sollen die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg relativiert haben. Steinbach bekannte sich zwar zur deutschen Kriegsschuld, nahm die beiden CDU-Politiker aber in Schutz: "Ich kann es doch nicht ändern, dass Polen mobil gemacht hat."
Kauder soll Steinbach nach Angaben von Teilnehmern ziemlich über den Mund gefahren sein und die Debatte kurzum beendet haben. Ihm war sofort klar, dass Steinbachs Äußerung in Polen und anderswo wieder Argwohn gegen Deutschland schürt. Viele in der Union sind es überdrüssig, sich dagegen verteidigen zu müssen. So sprach Fraktionsvize Andreas Schockenhoff von einer "roten Linie".
Die Fraktionsspitze wollte aber auch trotz allen Ärgers Steinbach nicht zur Rechenschaft ziehen. Weder müsse der Stiftungsrat anders besetzt werden noch gebe es Konsequenzen für Steinbach. Eine Konsequenz zog die Vertriebenenpräsidentin dann selbst. Sie kandidiert nicht mehr für den CDU-Vorstand.
Die Aufregung dürfte die Koalition in Schwierigkeiten bringen. Der SPD, die gerade versucht, die umstrittenen Thesen von Thilo Sarrazin zu verarbeiten, kommt das gerade Recht. Und auch innerhalb der Koalition gibt es Zerwürfnisse über Steinbach. FDP-Chef Guido Westerwelle wirft ihr vor, mit ihren Äußerungen das Ansehen Deutschlands im Ausland zu beschädigen.
Für die Polen ist Steinbach schon lange ein rotes Tuch. Der CDU-Bundestagsabgeordneten wird dort auch nach 20 Jahren nicht verziehen, dass sie damals im Bundestag gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Grenze zu Polen stimmte.
Ihre Forderungen nach einem Ausgleich für das Unrecht der Vertreibung stießen in Polen und Tschechien auf massive Kritik. 2004 zeigte sie sich zum Verzicht auf materielle Entschädigung deutscher Heimatvertriebener bereit, hielt aber am "moralischen Anspruch" fest.