Der Ruf nach Beteiligung
Parlament muss Waffenlieferungen an die Kurden nicht zustimmen. Dagegen regt sich nun Widerstand bei den Fraktionen.
Berlin. Nach der Grundsatzentscheidung der Bundesregierung für Waffenlieferungen an die Kurden im Irak ist eine Debatte über stärkere Mitspracherechte des Bundestages entbrannt. Auf Betreiben der Grünen wird es voraussichtlich schon in der kommenden Woche zu einer Sondersitzung kommen, bei der die Kanzlerin eine Regierungserklärung abgibt. Auch in der SPD und der CSU wurde der Ruf nach einem stärkeren parlamentarischen Einfluss lauter.
„Es steht außer Zweifel, dass es klug ist, den Bundestag in einer so schwierigen Frage, so weit wie möglich in die Entscheidung einzubeziehen“, sagte SPD-Vize Ralf Stegner unserer Zeitung. Der Außenexperte der Grünen, Jürgen Trittin, verlangte gar, dass der Bundestag den Waffenexport in den Nordirak genehmigen müsse. Doch auch wenn die Regierung nun von einem jahrzehntelang gepflegten Grundsatz deutscher Außenpolitik („keine Waffen in Krisengebiete“) abrücken will — nach geltendem Recht ist das Parlament dabei nicht gefragt.
Das sogenannte Parlamentsbeteiligungsgesetz legt fest, dass eine „Zustimmung“ des Bundestages erst bei einem „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte“ im Ausland erforderlich wird. In diesem Fall muss die Regierung das Einverständnis beim Bundestag beantragen und dabei auch über Details wie etwa der Anzahl der Bundeswehrsoldaten und deren Einsatzdauer informieren. Reine Waffenlieferungen sind nicht erfasst.
Ein Mandat des Bundestages wäre allerdings auch dann notwendig, wenn deutsche Ausbilder in die Krisenregion reisen würden, um die Kurden im Gebrauch der gelieferten Waffen zu unterrichten.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte eine Regierungserklärung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schon in der kommenden Woche. Und zwar noch vor der geplanten Entscheidung der Regierung, welche Waffen konkret an die Kurden gehen sollen. Wie es am Donnerstag hieß, sei man auch in den Koalitionsfraktionen dafür aufgeschlossen. Regulär würde der Parlamentsbetrieb erst wieder in der zweiten Septemberwoche beginnen.
Auch die CSU schlug forsche Töne an. Über die neue Lage müsse „das Parlament informiert werden — und zwar das gesamte Parlament“, forderte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Offensichtlich fühlen sich die Christsozialen bei der getroffenen Verabredung ungenügend berücksichtigt. Am Mittwoch hatte sich lediglich eine kleine Runde aus CDU- und SPD-Ministern sowie der Kanzlerin über den neuen Kurs in Sachen Irak verständigt.
Doch auch bei den Sozialdemokraten scheint es zu gären. Obgleich Außenminister Frank-Walter Steinmeier die SPD-Bundestagsabgeordneten in einem persönlichen Brief von der Notwendigkeit einer militärischen Unterstützung für die Kurden zu überzeugen versuchte, erwartet Parteivize Stegner dazu noch eine breite Debatte. „Wir sind eine Friedenspartei, deshalb wird so etwas bei uns immer leidenschaftlich diskutiert.“